"Darüber muss noch gesprochen werden": Baugenehmigung in der Blücherstraße sorgt für Unmut in der BVV

Auf den Erhalt des Gartenensembles zielen die Einwände der Initiative für den Kiezerhalt. Viele Bezirksverordnete beklagten, dass sie mit den erteilten Bebauungsplänen vor vollendete Tatsachen gestellt wurden. | Foto: Thomas Frey
  • Auf den Erhalt des Gartenensembles zielen die Einwände der Initiative für den Kiezerhalt. Viele Bezirksverordnete beklagten, dass sie mit den erteilten Bebauungsplänen vor vollendete Tatsachen gestellt wurden.
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Kreuzberg. Es war eine Ohrfeige für das Bezirksamt. Mit klarer Mehrheit verwies die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) bei ihrer Sitzung am 8. November eine Vorlage zur Kenntnisnahme für zwei Baugenehmigungen auf dem Areal Blücherstraße 26-26a zur erneuten Beratung in mehrere Ausschüsse.

An dem Faktum wird das wohl nichts mehr ändern. Zumal anscheinend in einem Fall schon wegen bestehender Fristen die Bauerlaubnis erteilt werden musste. Aber es war die Art des Vorgehens, der Ärger hervorrief. Gerade beim sensiblen Thema Blücherstraße.

Wie mehrfach berichtet, wollen auf dem Grundstück mit seinem seit rund 50 Jahren bestehenden Hochhaus die Eigentümer und freien Träger Vita und Jugendwohnen im Kiez vier weitere Flächen bebauen. Ein Schwerpunkt sind dabei Angebote für betreutes Wohnen beziehungsweise Wohngruppen vor allem für Jugendliche. Gegen das Vorhaben regte sich Protest, federführend vorgetragen durch die Initiative für den Kiezerhalt. Deren Hauptzielrichtung liegt aber vor allem im Erhalt des Gartenensembles. Durch die vorgelegten Pläne werde das zerstört. Die Kiezerhalt-Aktivisten initiierten einen Einwohnerantrag, der modifiziert von der BVV im Frühjahr beschlossen wurde. Dazu wurde zu einem weiteren Dialogverfahren ausgerufen. Die nur unzureichende Bürgerbeteiligung war in der Vergangenheit einen weiterer Kritikpunkt nicht nur der Nachbarschaft. Gleiches gelte nach Ansicht von Kiezerhalt für den Dialog der vergangenen Monate, der, wenn überhaupt, nur rudimentär stattgefunden habe und sich vor allem auf das Darstellen angeblich vollendeter Tatsachen beschränkt habe.

Auch im Stadtplanungsausschuss wurde von mehreren Fraktionen sowie der FDP-Gruppe das höchstens partiell erfolgte Abarbeiten des Einwohnerantrags bemängelt. Von der SPD gab es zuletzt den Vorstoß, für das Gelände einen Bebauungsplan aufzustellen. Stattdessen beschloss das Bezirksamt Ende Oktober die Baugenehmigung für zwei Vorhaben zu erteilen. Einmal für ein Gebäude, in dem unter anderem eine Kita eingerichtet werden soll. Außerdem für das sogenannte Wohnprojekt Blücherstraße 26. Begründet wurde das bei der Kita mit rechtlichen Vorgaben. Darüber hinaus folgte aber auch der Verweis darauf, dass die Eigentümer angekündigt hätten, das Areal zu verkaufen, sollten ihre aktuellen Bauanträge nicht genehmigt werden. Das gelte es zu verhindern, denn ein "Verkauf der Immobilie an einen profitorietiert agierenden Akteur würde bedeuten, dass das Ziel sozialen Wohnraum zu schaffen, fundamental gefährdet wäre", hieß es in der Vorlage. Dass "sozial benachteiligte Menschen aus dem Bezirk verdrängt werden ist inakzeptabel", legte Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis 90/Grüne) nach der Abstimmung in der BVV in einer Pressemitteilung noch einmal nach. Abgesehen davon soll es eine Bürgerbeteiligung bei den zwei weiteren Baufeldern sowie den Außenanlagen und den weiteren Nutzungsformen geben.

Degradiert zum Abnickorgan

Was auf dem Grundstück passieren soll, findet weitgehende Zustimmung im Bezirksparlament. Ganz sensibel reagieren viele Bezirksverordnete allerdings, wenn sie den Eindruck bekommen, sie sollen, wie in diesem Fall, zu einem Abnickorgan degradiert werden. Transparenz, Aufnehmen des Bürgerwillens, also gerade das, was Friedrichshain-Kreuzberg als besonderes Label herausstreiche, sei hier missachtet worden, wurde immer wieder geäußert. Auch dass der Bezirk bei Drohungen eines Investors einfach klein begebe, war für einige eher gewöhnungsbedürftig. "Wenn das Vorkaufsrecht irgendwo einen Sinn macht, dann hier", meinte der CDU-Fraktionsvorsitzende Timur Husein.

Aber es war vor allem die mangelnde Rücksicht auf die "Kleiderordnung", also das Mitwirken der BVV, die den Ärger befeuerte. Seit er Mitglied sei, habe er so einen Vorgang noch nicht erlebt, sagte Sebastian Forck, Fraktionschef der SPD. In die gleiche Richtung zielte Lothar Jösting-Schüßler (Linke). Für ihn stellt sich ein Problem, wenn das Bezirksamt so wie in diesem Fall mit Beschlüssen und laufenden Anträgen umgehe. Darüber müsse grundsätzlich gesprochen werden. Jösting-Schüßler stellte den Antrag zur Ausschuss-Überweisung. Parallel dazu soll dort das Anliegen der SPD behandelt werden. Und beides sehr schnell. Denn die Blücherstraße sei mittlerweile eine "unendliche Geschichte". tf

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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