Rentnerin sammelt Unterschriften gegen Tariferhöhung
Zwei- bis dreimal in der Woche geht Heidi Stock morgens zum Schwimmen ins Stadtbad Lankwitz. Aus gesundheitlichen Gründen, aber auch um Bekannte zu treffen. "Das Stadtbad ist eine Begegnungsstätte, vor allem für ältere Menschen", sagt die 70-Jährige. Zwischen 6.30 und 8.30 Uhr seien fast ausschließlich Senioren da. Sie bringen Enkel zur Kita oder zur Schule, betreuen sie auch zu Hause, damit die Eltern arbeiten gehen können. Sie bekleiden Ehrenämter.
Gerade diese Bevölkerungsgruppe träfe die geplante Preiserhöhung von jetzt 3,40 Euro auf 5,50 Euro besonders stark. "Viele Rentner müssen von weniger als 700 Euro im Monat leben", erklärt Heidi Stock. "Jetzt dürfen wir auch noch draufzahlen." Heidi Stock fühlt sich als Rentnerin gegenüber Sozialhilfeempfängern im Nachteil. Für diese Klientel, die morgens nicht aus dem Bett komme, wolle man mit der neuen Preisgestaltung etwas tun, nicht aber für die Rentner. Bäderchef Ole Bested Hensing wiederum spricht von einer "sozial ausgewogenen Tarifstruktur". Gerade weil es in Berlin so viele Arbeitslose und Senioren gebe, machten die neuen Preise Sinn.
Was die frühere Erzieherin besonders ärgert: die Schwimmzeit wird künftig auf 45 Minuten verkürzt. Zum normalen Eintrittspreis müssen noch zwei Euro draufgelegt werden, weil das Stadtbad Lankwitz ein freizeitorientiertes Bad ist.
Heidi Stock hat einen Protestbrief an die Berliner Bäderbetriebe geschickt. Auf eine Antwort wartet sie noch. Außerdem hat sie eine Unterschriftenaktion gestartet. Innerhalb von drei Tagen kamen bereits 90 Unterschriften der "Frühschwimmer" zusammen.
An den Sportausschuss der Bezirksverordnetenversammlung wird Heidi Stock die Unterschriften nicht überreichen können. Man habe keinen Einfluss auf die Preisgestaltung, bedauert Ausschuss-Vorsitzender Henning von Wittich (B90Grüne). "Wenn es Tariferhöhungen gibt, dann müssen diese auch mit einer Ausweitung des Leistungsangebots einhergehen."
Viele Rentner werden das Stadtbad seltener oder gar nicht mehr aufsuchen, prophezeit die streitbare Lankwitzerin. Das glaubt Europas größter Badbetreiber allerdings nicht. Die angehobenen Ticketpreise würden Badegäste nicht abschrecken. Die defizitären BBB erbrächten eine teure Leistung. Die Preise seien daher angemessen.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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