Was Nancy Ortiz Dominguez als Austauschschülerin erlebte

Nancy Ortiz Dominguez verbrachte dank der Kreuzberger Kinderstiftung ein Jahr in Frankreich. | Foto: Thomas Frey
3Bilder
  • Nancy Ortiz Dominguez verbrachte dank der Kreuzberger Kinderstiftung ein Jahr in Frankreich.
  • Foto: Thomas Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Nancy Ortiz Dominguez (19) macht im kommenden Jahr Abitur. Das war zunächst nicht so vorgesehen, hängt aber mit den Erfahrungen zusammen, die sie als Austauschschülerin machen konnte.

Dabei wurde ihr dieser Aufenthalt vor allem deshalb ermöglicht, weil sie zunächst noch nicht die Hochschulreife im Blick hatte. Sie profitierte von einem Stipendium der Kreuzberger Kinderstiftung, das sich ausschließlich an Absolventen des Mittleren Schulabschlusses (MSA) wendet.

Gerade bei solchen Schülern und ihren Familien sei die Idee, sich ein Jahr lang zum lernen ins Ausland zu verabschieden, noch immer eher wenig ausgeprägt, sagte Petra Billecke, die das Programm betreut. Auch das eigene Budget lasse das häufig nicht zu. Deshalb setze die Stiftung hier an und finanziert einen großen Teil der Kosten. Wobei auf einen gewissen Eigenanteil der Eltern Wert gelegt wird. Auch als Ausdruck, dass sie hinter dem Austauschwunsch stehen.

Jugendliche fördern

In den Genuss einer Förderung können Jugendliche bundesweit kommen. Der Schwerpunkt liegt allerdings auf Bewerbern aus Kreuzberg sowie Neukölln. Schon weil die Kinderstiftung in der Ratiborstraße an der Grenze zwischen den beiden Bezirken verortet ist.

Voraussetzung, um auf diese Weise unterstützt zu werden, ist zunächst die Persönlichkeit des Kandidaten. Nancy Ortiz Dominguez erfüllte schon hier die Voraussetzungen. Sie hatte einerseits konkrete Vorstellungen, war aber gleichzeitig bereit, sie den Möglichkeiten anzupassen.

Frankreich günstiger als USA

Die Kreuzbergerin wünschte sich zunächst ein Gastjahr in den USA. Das war nicht nur schwer zu bekommen, sondern sprengte auch den Rahmen dessen, was ihre Mutter als Beteiligung hätte beisteuern können. Denn die Austauschkosten für Amerika liegen insgesamt im unteren fünfstelligen Bereich.

Nur etwa die Hälfte davon betragen sie für Frankreich, das deshalb das Ziel für Nancy wurde – genauer, ein Dorf im Süden des Landes. Die nächste bekannte Stadt, wenn auch etwas entfernt, ist Montpellier. Eine Gegend mit "mehr Kühen als Einwohner", wie die Schülerin lacht.

Nicht nur das war für sie als Stadtkind zunächst gewöhnungsbedürftig. Dass der Bus eben nicht alle paar Minuten, sondern nur einige Male am Tag verkehrt, gehörte ebenfalls zu ihren neuen Erfahrungen.

Alltag an der Schule

Auch der Alltag in der Schule unterschied sich von dem, was sie bisher gewohnt war. Grundsätzlich gebe es dort eine Anwesenheit von 8 bis 17 Uhr, erzählt sie. Wenngleich mit einigen Freistunden zwischen den Unterrichtseinheiten. Das alles noch immer verbunden mit einer großen Disziplin. Mehr oder weniger folgsame Schüler, die den Ausführungen des Lehrpersonals folgen, sind in Berlin zumindest nicht überall die Regel.

Beiname: "die Deutsche"

Natürlich habe es ein Interesse an ihr, der Mitschülerin aus "Allemagne", gegeben, sagt Nancy. "Mein Beinamen war 'die Deutsche'". Obwohl sie eigentlich gebürtige Mexikanerin ist.

Tiefere Kenntnisse vom östlichen Nachbarland hätten die meisten ihrer französischen Gleichaltrigen aber nicht besessen. Wenn sie überhaupt schon einmal in Deutschland waren, dann in grenznahen Gebieten jenseits des Rheins. Kreuzberg und sein besonderer Ruf sei ihnen erst recht kein Begriff gewesen. "Was sie vor allem mit uns verbinden, ist der Fußball."

Etwas anders sah das bei ihrer Gastfamilie aus. Der Vater besitzt eine Firma. Sie haben zwei Töchter, von denen eine während Nancys Aufenthalt die meiste Zeit in Japan war. "Deshalb bekam ich ihr Zimmer." Gerade durch den Austausch mit der Familie habe sie viel über ihr Gastland gelernt. Und das Annähern erfolgte zunächst noch oft durch Zeichensprache, ehe sich die Lücken in ihrem Französischvokabular nach und nach schlossen.

Zurechtfinden in einer neuen Umgebung und Klarkommen mit Unterschieden, das Perfektionieren der Sprache. Das und noch einiges mehr habe sie mitgenommen. Erfahrungen, die ebenso prägen, wie das Gefühl viel erlebt zu haben und dadurch selbstständiger geworden zu sein. Manche Themen und Probleme, mit denen sich ihre Berliner Mitschüler beschäftigen, erscheinen ihr vor diesem Hintergrund deshalb heute eher irrelevant.

Horizont erweitern

Nancy ist deshalb eine Art Vorzeigebeispiel, was die Kinderstiftung mit ihrem Austauschprogramm erreichen will. "Erweitern des Horizonts" und Erlangen von "interkultureller Kompetenz", wird hier unter anderem als Überbau oder Ziel genannt. Und das gerade für Schüler, die auf ihrem weiteren Berufs- oder Lebensweg eher seltener die Chance haben, sich für ein Jahr ins Ausland zu verabschieden.

Nancy Ortiz Dominguez hat auf jeden Fall noch nicht genug von anderen Ländern. Nach dem Abitur möchte sie ein Freiwilliges Soziales Jahr in Südostasien machen. Auch in ihre Geburtsstadt Mexiko-City würde sie gerne reisen. Und danach entweder Sprachwissenschaften studieren oder Diplomatin werden.

Weitere Informationen zum Stipendienprogramm finden sich unter www.kreuzberger-kinderstiftung.de/stipendien.
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Spezialitätenrestaurant "Yummy Kitchen" in der Zossener Straße ist imer einen Besuch wert.
6 Bilder

Yummy Kitchen
Köstlichkeiten aus der südindischen und sri-lankischen Küche

Seit 2021 existiert das Spezialitätenrestaurant "Yummy Kitchen" im angesagten Kreuzberger Kiez und lädt Liebhaber der südindischen und sri-lankischen Küche zum ausgiebigen Schlemmen und Genießen ein. So wundert es nicht, dass sich die Location, die über Innenplätze auf zwei Ebenen sowie einen gemütlichen Außenbereich verfügt, zu einem geschätzten Treffpunkt gemausert hat, der zahlreiche Berliner Stammgäste, aber auch Touristen aus dem In- und Ausland regelmäßig begrüßt. Verkehrsgünstig und...

  • Kreuzberg
  • 26.04.24
  • 35× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 198× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 176× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüftschmerzen beeinträchtigen Ihr Leben? Lassen Sie sich nicht länger quälen! | Foto: milangucic@gmail.com

Schonende OP-Methode
Patienteninfo: Wenn die Hüfte schmerzt

Hüftschmerzen beeinträchtigen Ihr Leben? Lassen Sie sich nicht länger quälen! Entdecken Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüftschmerzen auf unserem Infoabend. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, führt Sie durch die modernsten Methoden bei Hüftoperationen. Erfahren Sie, wie die schonende AMIS-Methode eine minimalinvasive Implantation von Hüftprothesen ermöglicht und die Fast-Track-Behandlung eine rasche...

  • Hermsdorf
  • 26.04.24
  • 34× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 239× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 609× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.