Wilhelmstraße: Bezirksverordnete fordern den Erhalt des Gebäudes aus den 1990er Jahren

Das Gebäude der Wilhelmstraße 56-59 soll Platz für einen modernen Neubau im Art-déco-Stil der 1920er Jahre machen. | Foto: Josephine Klingner
2Bilder
  • Das Gebäude der Wilhelmstraße 56-59 soll Platz für einen modernen Neubau im Art-déco-Stil der 1920er Jahre machen.
  • Foto: Josephine Klingner
  • hochgeladen von Josephine Klingner

Mitte. Dem Wohnblock Wilhelmstraße 56-59 droht der Abriss. Befördert werde das durch das Bezirksamt indem es den sonst verbotenen Leerstand für 39 Wohnungen im Umfeld genehmigt und damit Ersatzwohnungen für die Altmieter schafft. So lautet zumindest der Vorwurf des Bezirksverordneten Sven Diedrich (Die Linke).

Erst im Mai habe die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) das Bezirksamt aufgefordert, die aktive Hilfe bei der Entmietung in der Wilhelmstraße zu unterlassen. „Der Bezirk ist nicht verpflichtet, Ersatzwohnungen für die Mieter bereitzustellen. Das ist einzig und allein Sache des Eigentümers“, sagt Diedrich. Er fordert deshalb, die Leerstandsgenehmigung unverzüglich aufzuheben und anzuordnen, dass die als Ersatz angedachten Wohnungen vermietet werden. Vom Amt heißt es hingegen, dass der Abriss einen Sozialplan vorsieht, der die Eigentümer verpflichtet, Ersatzwohnungen für die Mieter bereitzustellen. „Daher werden die beantragten Genehmigungen erteilt. Der Gedanke, den Wohnraum vorzeitig dem Wohnungsmarkt zur Verfügung zu stellen, scheidet damit aus“, erklärt Sozialstadtrat Stephan von Dassel (Bündnis 90/Grüne).

Die Investorenfamilie plant unterdessen, das erst 1990 erbaute Wohnhaus abzureißen und ein Geschäfts- und Wohnhaus neu interpretiert im Art-déco-Stil der 1920er Jahre zu errichten. 165 Wohnungen mit einer Fläche von 40 bis 600 Quadratmetern, darunter zweigeschossige Penthäuser in den oberen Etagen mit Sonnenterrassen, sollen entstehen. Angedacht ist ein Mix aus Miet- und Eigentumswohnungen mit unterschiedlichen Standards. „Das reicht von komplett eingerichteten Einzimmer-Appartements mit einer Größe von 40 bis 60 Quadratmetern bis hin zu 80 bis 100 Quadratmeter großen Wohnungen mit einer normalen Ausstattung“, sagt Zsolt Farkas, Generalbevollmächtigter der Eigentümerfamilie und Vorstandsvorsitzender der Mundial-AG, die mit der Abwicklung des Projektes beauftragt ist. Er gehe davon aus, dass die verbliebenen 16 Mieter bis zum 15. Oktober ausziehen werden. „Vom letzten Mieter haben wir gerade das Angebot erhalten, zu welchen Konditionen er ausziehen möchte.“ Danach werde das Haus abgerissen. Noch gibt es für den Neubau keine Baugenehmigung. Farkas rechne aber im September damit. Im zweiten Quartal 2018 soll – wenn alles nach Plan läuft – der Neubau fertig sein.

Auch Baustadtrat Carsten Spallek (CDU) kann die Aufregung nicht nachvollziehen: „Für das Neubauvorhaben besteht bereits öffentlich-rechtliches Baurecht, unter anderem durch die Mitwirkung des Senats.“ Als das Haus 2004 noch in der Hand der Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte (WBM) war, hätte der rot-rote Senat als Eigentümer der WBM den Verkauf verhindern können. „Er tat es aber nicht. Auch der Verkauf an eine andere städtische Wohnungsbaugesellschaft wurde nicht umgesetzt.“ Unter diesem Aspekt sei die Kritik der Linken besonders bemerkenswert. Schließlich seien sie damals im Senat vertreten gewesen.

Trotz der derzeitigen Lage fordert die BVV vom Bezirk, die städtebauliche Eigenart der Wilhelmstraße zu erhalten und damit den Abriss des Gebäudes zu verhindern. Der Bezirk plant nun den Erlass einer solchen Erhaltungsverordnung. „Die rechtlichen und inhaltlichen Voraussetzungen dafür werden derzeit geprüft und die Ausschreibung eines Gutachtens, um die Erhaltungswürdigkeit festzustellen, aktuell vorbereitet“, so Spallek. Auch der Senat sei bereits über das Vorhaben der Bezirksverwaltung informiert worden. JK

Das Gebäude der Wilhelmstraße 56-59 soll Platz für einen modernen Neubau im Art-déco-Stil der 1920er Jahre machen. | Foto: Josephine Klingner
Der Bezirk will prüfen, ob eine Erhaltungsverordnung den Abriss verhindern kann. | Foto: Josephine Klingner
Autor:

Josephine Klingner aus Tegel

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn Sie Ihren eigenen Willen in einer Patientenverfügung niederzuschreiben, erhalten Sie die größte Sicherheit, dass das, was geschieht, Ihren eigenen Weisungen und Vorstellungen entspricht.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wir informieren Sie
Patientenverfügung und Vorsorge

Wer denkt schon gerne an einen Unfall oder sein Ableben? Doch wenn der Notfall eintritt, stehen unsere Angehörigen vor einer großen Herausforderung. Um ihnen diese Last und Verantwortung zu erleichtern, ist eine Patientenverfügung wichtig. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, seinen eigenen Willen in einer Patientenverfügung niederzuschreiben. Dadurch erhalten Sie die größte Sicherheit, dass das, was geschieht, Ihren eigenen Weisungen und Vorstellungen entspricht. Ihre Ärzte und...

  • Hermsdorf
  • 08.05.24
  • 264× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Chronische Bauchschmerzen können das Leben stark beeinträchtigen.

Lösungsansätze
Chronische Bauchschmerzen verstehen

Chronische Bauchschmerzen sind definiert als konstante oder wiederkehrende Schmerzen, die drei Monate oder länger anhalten und das Leben stark beeinträchtigen können. Aber was steckt hinter diesen Schmerzen? Die möglichen Ursachen sind vielfältig und erfordern häufig eine umfangreiche Diagnostik. Rund 30 % der Betroffenen erhalten nach dem Hausarztbesuch keine spezifische Diagnose. Doch warum ist das so? Wir laden Sie ein, mehr über chronische Bauchschmerzen zu erfahren, warum eine Koloskopie...

  • Hermsdorf
  • 10.05.24
  • 91× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.