Unterwegs mit dem blauen André: Jugendliche bauen ein Elektro-Lastenfahrrad

Alles Handarbeit: Talu Tüntas (2.v.l.) und einige Jugendliche präsentieren ihr E-Cargo-Bike. | Foto: Songyul Mehmed
  • Alles Handarbeit: Talu Tüntas (2.v.l.) und einige Jugendliche präsentieren ihr E-Cargo-Bike.
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Vier Monate lang haben Jugendliche geschweißt, geschraubt, getüftelt, lackiert und geschliffen. Nun ist es fertig: ein Elektro-Lastenfahrrad, zu hundert Prozent made in Neukölln.

Der gemeinnützige Verein „Taschengeldfirma“, sein Sitz ist an der Flughafenstraße 62, hatte das Projekt ins Leben gerufen. „Eine unserer Säulen ist die vorberufliche handwerkliche Qualifizierung“, sagt Talu Tüntas vom Verein. Und weil ihm und seinen Mitstreitern Umweltbildung und Klimaschutz am Herzen liegen und sie auch mit Ehrenamtlichen eine Radwerkstatt auf dem Tempelhofer Feld betreiben, lag die Idee für ein E-Cargo-Bike nahe.

Schick sieht es aus, das knallblaue Lastenfahrrad. Auf Wunsch der Jugendlichen wurde ein schlankes Design gewählt. „Long André“ nennt sich die Bauweise. Und niemand würde wohl auf den ersten Blick erkennen, dass es zu 70 Prozent aus gebrauchtem Material besteht – angefangen von Rahmenteilen über die Gangschaltung bis hin zu Kettenblatt und Pedalen.

Gut 30 Kilo Gewicht bringt das Gefährt auf die Waage, mindestens dreimal so viel kann es auf der Ladefläche transportieren. Der Motor hat eine Leistung von 250 Watt, der drei Kilo schwere Akku ist in einer Stunde voll. „Im Sommer können wir ihn mit dem Ökostrom laden, den unser Windrad auf dem Tempelhofer Feld produziert“, so Tüntas. Bis zu einer Geschwindigkeit von 25 Stundenkilometern unterstützt der Motor des Radfahrers Muskelkraft. Außerdem gibt es eine Anschubhilfe, damit er mit seiner Fracht überhaupt in die Gänge kommt.

Rund 20 Jugendliche haben bei dem Bau mitgeholfen, etwa ein Dutzend gehörte zum „harten Kern“. Sie kamen mindestens zweimal in der Woche zur Werkstatt, gearbeitet wurde meistens in Dreier- oder Viererteams. „Die einen haben sich mehr mit Elektronik beschäftigt, die anderen mit dem Montieren, wieder andere haben währenddessen alte Räder zersägt“, erzählt Tüntas. Geschweißt wurde in einer befreundeten Werkstatt an der Sonnenallee, andere Neuköllner Initiativen boten ebenfalls Unterstützung.

Auch zwei Mädchen waren zeitweise mit von der Partie, aber sehr zurückhaltend. „Das braucht noch ein bis zwei Projekte“, meint Tüntas. Obwohl sie ein Vorbild direkt vor der Nase hatten – die handwerkliche Leitung lag nämlich in den Händen einer Frau. Tüntas übernahm den eher theoretischen Teil, sprach über Mobilität in der Stadt, über erneuerbare Energien.

Und es soll weitergehen. Einer der ehrgeizigen Pläne des Vereins ist, einen DDR-„Klappfix“-Anhänger umzubauen und mit einem Rad zu kombinieren. Außerdem steht die Idee im Raum, eine Übungsfirma zu gründen, in der es neben Handwerk vor allem um Marketing, Betriebswirtschaft, Wartung, Reparatur und Service rund ums Lastenfahrrad gehen soll. Voraussetzung ist allerdings, dass es dafür Fördermittel vom Bund und vom Bezirk gibt.

Zuvor hat der Verein übrigens schon zwei schwerere Lastenräder – ohne elektrischen Antrieb – gebaut und eine indische Rikscha umgerüstet. Diese Fahrzeuge nutzt die „Taschengeldfirma“ weitgehend selbst. Dagegen soll das neue Bike gegen eine Spende für jedermann auszuleihen sein.

Wer sich das blaue Gefährt einmal genauer anschauen möchte, hat dazu Gelegenheit: Vom 23. November bis zum 14. Dezember ist das Rad im Rathaus Neukölln, Karl-Marx-Straße 83, im Fo-yer der zweiten Etage ausgestellt.

Weitere Informationen gibt es unter  89 63 57 27 oder per E-Mail an info@taschengeldfirma.net und auf facebook.com/taschengeldfirma.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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