Auf der DEUTSCHEN TONSTRASSE
VELTEN - OFEN- UND KERAMIKMUSEUM | HEDWIG BOLLHAGEN MUSEUM

Blick in das OG der Ofenfabrik, die heute die Ofenausstellung beherbergt. Die "Parade" der Aufsatzöfen, Deutschlandweit einmalig. Glanzstück: rechts, der blau-weiß bemalte, weltweit einzig erhaltene Stockelsdorfer Ofenaufsatz von 1775/6. | Foto: Anne Schäfer-Junker
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  • Blick in das OG der Ofenfabrik, die heute die Ofenausstellung beherbergt. Die "Parade" der Aufsatzöfen, Deutschlandweit einmalig. Glanzstück: rechts, der blau-weiß bemalte, weltweit einzig erhaltene Stockelsdorfer Ofenaufsatz von 1775/6.
  • Foto: Anne Schäfer-Junker
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Westlich von Französisch Buchholz führt die DEUTSCHE TONSTRASSE auch durch Schildow und Zühlsdorf – die Gemeinde Mühlenbecker Land - nach Hohen Neuendorf. Als Rundkurs führt sie durch den gesamten Kreis Oberhavel und den benachbarten Kreis Ostprignitz-Ruppin. Es ist eine touristische Wegroute, die zum „Ton“ führt – Ton als Baustoff, Ton als Substanz von Kultur, Ton als Aspekt der Musik. Der Verein Sterntaler e. V. Oranienburg hat die 215 km lange Route durch 46 Städte und Gemeinden erarbeitet.

Der Rundkurs bietet tolle Ausflugsziele mit Ereignisorten, Produktions- und Kunststätten rund um den Ton. In der AG Immaterielles Kulturerbe des KulturerbeNetz.Berlin forschen wir zu diesem Thema. Fahren wir nach Velten, wo die Strecke im Ofen- und Keramikmuseum beginnt. Dort gilt der Spruch: „Der Teller ist aus Erd’ gemacht. Wenn er bricht der Töpfer lacht!“, während die Geschichte für Französisch Buchholz von „…französischem Flair und märkischer Derbheit“ spricht.

Ton und Tonbrandgeschichte ist für Berlin und das Umland in der Zeit Friedrich II. und der Bauzeit Schinkels im 19. Jahrhundert von immenser Bedeutung gewesen. Auch Berlins Antlitz wäre ohne die schönen Ziegelbauten eine andere Stadt. Last but not least – die Schinkelsche Bauakademie war ein exzellentes Bauwerk in seiner Fassade durch Schinkel prächtig geschmückt: mit Kunstwerken aus Ton und Tonbrand. Jetzt, im Oktober 2022, beginnt die Bundesstiftung Bauakademie mit Werkstattgesprächen und Veröffentlichungen zu ihrem Wiederaufbau-Vorhaben. Endlich!

Der Sonntagsbesuch im Museum Ofenfabrik – der ehemaligen Ofenfabrik A. Schmidt, Lehmann & Co. - ist ein Besuch des Ofen- und Keramik Museum und Hedwig Bollhagen Museum, wie es heute offiziell heißt. Die historische Ofenfabrik steht unter Denkmalschutz und ist selbst das bedeutendste „Ausstellungsstück“. Alles wird von einem gemeinnützigen Förderverein geführt.

In der Remise besuchen wir die ständige Ausstellung zum Werk von Hedwig Bollhagen. Aktuell sind Leihgaben und Sammlungsschenkungen aus dem Schaffen von Heidi Manthey zu sehen. Hedwig Bollhagen (1907-2001) wird als herausragende Persönlichkeit der deutschen Keramik-Geschichte des 20. Jahrhunderts gewürdigt. Ihr Nachlass, die Sammlung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, steht auf der Liste des Nationalen Kulturguts. Aber auch die Sektion zu Heidi Manthey, integriert im großen schönen Raum im OG der Remise mit unfassbar vielen Schöpfungen dieser bildkünstlerisch genialen Keramikerin, hat uns verzaubert.

Auf eine so freundliche und fachkundige Begrüßung im Empfang mit Lars Lierow und seiner Kollegin an der Kasse waren wir überhaupt nicht gefasst. Auf den Raum mit der Ausstellung „Dec. 29 | 100 Jahre Paradiesgarten“ - auch in der Remise - hat er uns besonders hingewiesen, welcher mit einem wunderbar gedeckten Tisch ein echter Besuchermagnet geworden ist.

Es war eine Überraschung, nicht nur ZWEI MUSEEN EIN EINTRITT, nein, wir erleben mit den Sonderausstellungen quasi 4 Museen. Gegenüber der Remise liegt der Eingang in das Ofenmuseum in der Ofenfabrik. Per Aufzug wurde mir die Besichtigung der großartigen Ofensammlung ermöglicht, die 65 Treppen hätte ich nicht geschafft. Auf 4 Geschossen – ein Kunst- und Industriegeschichtsmuseum, das in Deutschland seinesgleichen sucht - authentische Situationen strahlen lebendige Geschichte, beispielsweise die Brennkammern, die Maschinen, das wiederhergestellte historische Dach und die Ausstellung zur Entwicklung der einstigen Kachelofenhochburg Velten.

Die Erhaltung der Ofenfabrik und dieser, mit viel Liebe und Könnerschaft in der Museumsgestaltung ausgebaute gesamte Kulturort des Ofen- und Keramikmuseums konnte nur durch die Eigentümerschaft eigens aus dem Förderverein heraus gegründeten Stiftung Museumsstandort Velten dauerhaft gesichert werden! „Die technikgeschichtliche Bedeutung der Fabrik ist vor allem durch den Brennofen und seine Konstruktion sowie durch den komplett überlieferten Maschinen- und Gerätebestand begründet, an dem der gesamte Produktionsprozess nachvollziehbar ist.“, so das Brandenburgische Landesdenkmalamt, März 2012.

1905 gegründet, ist es das älteste und bedeutendste Ofenmuseum in Deutschland. Velten hatte 36 Kachelofenfabriken. Das Museum zeigt auch die Geschichte der kunstvoll gestalteten Öfen, sowie Keramik von HAȄL, den Bauhauskünstlern Burri und Bogler und herausragende baukeramische Objekte des 19. und 20. Jahrhundert.

Und Ja! Die gegenwärtige Energiekrise steigert das Thema Kachelofen und Wärme immens. Die Anfragen ans Museum „wie heize ich einen Ofen“ oder „wo finde ich einen Ofensetzer“ nehmen zu. Die Ofensetzer, so ist zu hören, sind alle ausgebucht.

Beschwingt gingen wir in den Sonntag-Abend, vielleicht mit Aussicht auf einen weiteren Besuch.
Hier noch der Hinweis auf drei Veranstaltungen:
- 29.10.2022/Aktionstag „Feuer und Flamme für unsere Museen“, Führungen Ton-Werkstatt;
- Hedwig Bollhagens 115. Geburtstag am 10. November 2022;
- der Traditionelle Weihnachtsmarkt am 10. und 11. Dezember 2022.

Anne Schäfer-Junker (anne.junker@gmx.de )

Autor:

Anne Schäfer-Junker aus Französisch Buchholz

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