Die Zukunftswerkstatt gibt Buch über Heinersdorf heraus
Daniel Becker zog 1999 nach Heinersdorf. Und er hatte gleich viele Fragen: Wie kommt es, dass man hier, gar nicht weit vom Alexanderplatz entfernt, in fast ländlicher Idylle leben kann? Warum gibt es hier einen Wasserturm, der seit Jahren marode vor sich hindämmert? Warum wirkt das Wegenetz an manchen Stellen so unfertig? Diese Fragen stellten sich offenbar auch andere Heinersdorfer. Als sich 2007 der Bürgerverein Zukunftswerkstatt Heinersdorf gründete, fanden sich rasch Gleichgesinnte zu einer Geschichtswerkstatt zusammen. Deren Mitglieder führten Interviews mit Alteingesessenen, trugen Fotos und Dokumente zusammen und recherchierten.
Einen ersten Überblick über die Geschichte konnte vor zwei Jahren präsentiert werden. Der Fernsehjournalist Eckart Lottmann und der Kameramann Frank Sputh drehten den Film "Am Rande der Stadt - Spuren der Geschichte in Heinersdorf". Wenig später zeigte die Zukunftswerkstatt in der Alten Apotheke die Ausstellung "Vier Versuche einer städtebaulichen Entwicklung - vier gescheiterte Projekte". Film und Ausstellung kamen bei den Heinersdorfern sehr gut an. "Viele sagten uns, sie würden die Texte gern in Ruhe zu Hause lesen", so Daniel Becker. "Deshalb dachten wir zunächst über eine kleine Broschüre nach. Aber wir haben seit 2009 derart viel Material gesammelt, dass daraus jetzt ein richtiges Buch geworden ist."
Unter Daniel Beckers Leitung wurden alle gesammelten Materialien sortiert, bearbeitet und ergänzt. Es entstand ein Buch, dass vor allem auch der Frage nachgeht, warum Heinersdorf so anders ist als seine Nachbarn Pankow und Weißensee. Dafür wurde unter anderem die Chronik des Pfarrers Johannes Krätschell neu bearbeitet. Zeitzeugen kommen zu Wort und schildern die Zeit der 30er- und 40er-Jahre. Dora Scholz gehört zu diesen Zeitzeugen. Sie ist heute 91 Jahre alt und baute nach dem Krieg die Lebensmittelkartenstelle im Ortsteil auf. Adelheid Keilig erlebte indes die 30er-Jahre als Ehefrau des bekannten Boxers Erich Campe. Auch Jutta Limbach kommt zu Wort. Sie wuchs in der Frostraße auf. Ihr Vater war Heinersdorfer Bürgermeister.
Das Buch geht aber auch zahlreichen Mythen nach. Wurden in Heinersdorf Seidenraupen gezüchtet? Hatte der Ort fünf Windmühlen? Sollte Heinersdorf wirklich zur Gründerzeit ein Vorort mit 150 000 Bewohnern werden? War hier gar eine Plattenbausiedlung wie in Marzahn oder Hohenschönhausen geplant? Alles ist natürlich noch nicht bis ins letzte Detail geklärt. Aber so manche Antworten sind auch sehr überraschend.
Gefördert wurde das Buchprojekt von der Lotto-Stiftung, dem Paritätischen Wohlfahrtsverband sowie vom Bundesprogramm "Toleranz fördern, Kompetenz stärken". Das mit 197 Fotografien, Karten und Illustrationen bebilderte Buch "Berlin Heinersdorf Eine Spurensuche" ist 228 Seiten stark und ab sofort in der Alten Apotheke in der Romain-Rolland-Straße 112 gegen eine Spende erhältlich.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.