Trotz Sucht das Leben im Griff
Team des Betreuten Einzelwohnens unterstützt bei Sucht- und psychischen Erkrankungen

Frank Beckmann (links) leitet das Team des Betreuten Einzelwohnens in der Region Karow/ Buch. Hans-Jürgen Lorenz-Gütlich fühlt sich von diesem Team bestens betreut und kann heute sehr offen über seine Suchterkrankung sprechen. | Foto:  Bernd Wähner
  • Frank Beckmann (links) leitet das Team des Betreuten Einzelwohnens in der Region Karow/ Buch. Hans-Jürgen Lorenz-Gütlich fühlt sich von diesem Team bestens betreut und kann heute sehr offen über seine Suchterkrankung sprechen.
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Es kümmert sich um Menschen, die Unterstützung dabei benötigen, ihr Leben in der eigenen Wohnung trotz Sucht- und/oder psychischer Erkrankung in den Griff zu bekommen: das Team des Betreuten Einzelwohnens der WIB Weißenseer Integrationsbetriebe GmbH.

Teamleiter Frank Beckmann kümmert sich mit seinen Kolleginnen und Kollegen von ihrem Standort an der Achillesstraße 71 aus vor allem um Erkrankte, die in den Ortsteilen Karow und Buch wohnen. Aber auch der Weißenseer Hans-Jürgen Lorenz-Gütlich gehört zu denen, die Beckmann bereits seit längerem unterstützt.

Lorenz-Gütlich ist ein sympathisch dreinschauender 63-Jähriger. Wenn er mit ruhiger Stimme von seinem bewegten Leben mit der Sucht erzählt, ist kaum zu glauben, was über seine Lippen kommt. Er arbeitete viele Jahre als Lagerarbeiter und Staplerfahrer an Hochregalen. Schon in dieser Zeit trank er regelmäßig, probierte auch Drogen. „Anfangs wurde das kaum von den Kollegen bemerkt. Suchtkranke sind gute Schauspieler“, sagt er. In der Firma, in der er arbeitete, gab es einen Suchtbeauftragten. Und als es immer offensichtlicher wurde, dass Lorenz-Gütlich abhängig ist, riet man ihm zu einer Therapie. „Die Firma stand die ganze Zeit hinter mir“, erinnert er sich.

Doch 2014 übernahm dann ein Investor den Betrieb. Lorenz-Gütlich wurde entlassen. Es folgten Abstürze, Entgiftungen und eine Therapie. Dann bekam er einen Platz in einer WIB-Tagesstätte. Drei Jahre lang war er dort, um sich zu stabilisieren. In der Tagesstätte wurde auch Ergotherapie angeboten. Er entdeckte für sich das Gestalten von Modeschmuck, eine Beschäftigung, der er sich heute noch daheim widmet. Wegen seiner Suchterkrankung forderte das Jobcenter den Weißenseer zwischenzeitlich auf, Rente zu beantragen. „Ich sträubte mich zunächst dagegen“, sagt Lorenz-Gütlich. „Ich wollte lieber arbeiten, kein Geld zu Lasten des Staates bekommen.“ Doch dann willigte er ein und eine Mitarbeiterin aus der Tagesstätte half ihm beim Beantragen der Rente.

Mit einem Fuß im selbstbestimmten
Leben, mit dem anderen in Betreuung

Nach drei Jahren in der Tagesstätte hatte er sich soweit stabilisiert, dass gemeinsam entschieden wurde, dass er nicht mehr werktags in die Tagesstätte kommt. Stattdessen sollte er wieder weitgehend selbstbestimmt sein Leben organisieren. „Allerdings war uns allen klar, dass Herr Lorenz-Gütlich weiterhin Unterstützung braucht“, berichtet Frank Beckmann. „So kamen wir auf die Idee, dass er in unser betreutes Einzelwohnen kommt. Damit steht er mit einem Fuß im selbstbestimmten Leben, und mit dem anderen weiter in unserer Betreuung.“

Anfangs hatte der Weißenseer dann noch viermal in der Woche Kontakt zu seinem Betreuer. Inzwischen sind es nur zwei Kontakte und zusätzlich noch telefonische. Und wenn es mal eine Krisensituation gab oder gibt, kann er jederzeit seinen Betreuer kontaktieren. Außerdem können die Klienten im Betreuten Einzelwohnen einmal in der Woche zu einer Frühstücksgruppe zusammenkommen.

Hans-Jürgen Lorenz-Gütlich hat sein Leben ohne Alkohol und Drogen inzwischen gut im Griff. Er ist abstinent und lebt mit einem Kater in seiner Wohnung. „Der war vor allem in der schwierigen Zeit des Lockdowns eine Stütze für mich“, sagt er. Außerdem arbeite er gern handwerklich an seinem Modeschmuck, geht viel spazieren, trifft sich regelmäßig mit Bekannten zu Brettspielen und besucht auch hin und wieder das St. Joseph-Krankenhaus an der Gartenstraße. Dort kennt er sich gut aus, denn in dieser Klinik war er über all die Jahre zu etwa 40 Entgiftungen. Stabilisiert wie er heute ist, steht er inzwischen suchterkrankten Patienten als Gesprächspartner zur Verfügung. Er zeigt ihnen, dass es einen Weg aus der Sucht gibt.

Acht Mitarbeiter für 26 Klienten

Menschen auf dem Weg in ein selbstständiges Leben zu begleiten: Das ist für das Team des Betreuten Einzelwohnens (BEW) für Menschen mit Suchterkrankung sowie des BEW für Menschen mit psychischen Erkrankungen eine herausfordernde Aufgabe, der sie sich engagiert stellen. Sie unterstützen und begleiten ihre Klienten im Alltag, bei der Haushaltsführung, bei Behördenangelegenheiten, zu Arztterminen, in der Krisen- sowie bei der Krankheitsbewältigung, aber auch bei der Suche nach Arbeit und Beschäftigung.

Seit zwei Jahren gibt es dieses Angebot der WIB GmbH in der Regien Karow/ Buch. Derzeit betreuen die acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 26 Klienten. Allerdings werden die angemieteten Räumlichkeiten in der Achillesstraße 71 allmählich zu beengt, denn das Team des BEW wächst weiter. Deshalb werden größere, barrierefrei zugängliche Räumlichkeiten mit um die 130 Quadratmetern Fläche in der Region gesucht. „Wir möchten künftig noch mehr Gruppenangebote in unseren Räumlichkeiten machen“, sagt Frank Beckmann. „Die Klienten sollen sich bei uns treffen und hier auch soziale Kontakte pflegen können.

Zu erreichen ist das Team des Betreuten Einzelwohnens unter der Telefonnummer 85 62 06 73 sowie über die E-Mailadresse bew-karow@wib-verbund.de. Weitere Informationen zum Betreuten Einzelwohnen: https://wib-verbund.de/posts/betreutes-einzelwohnen-fur-menschen-mit-psychischen-erkrankungen-bew-p/ und  https://wib-verbund.de/posts/betreutes-einzelwohnen-fur-menschen-mit-suchterkrankungen-bew-s/.

Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

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