Umzugskarussell des Bezirksamts trifft Carl-Orff-Schule
An einem turbulenten Dienstagmorgen drückt Mark Schmiechen seine kleine Tochter Lisa an sich, um seine Nerven zu beruhigen. So liebevoll er mit Lisa umgeht, so energisch setzt sich der Elternvertreter der Carl-Orff-Schule in diesen Tagen gegen ein Problem zur Wehr, das 65 Hortkindern droht.
Denn die sollen nach den Sommerferien umziehen - wohin auch immer. Der Grund: eine Kettenreaktion, ausgelöst durch den Leerzug des Rathauses Wilmersdorf. Weil dessen Mitarbeiter bekanntlich bis zum Jahresende auf andere Liegenschaften des Bezirks verteilt werden müssen, der Platzbedarf aber höher ausfiel als erwartet, musste kurzfristig eine Planänderung her. Und die geht so: Eine der Abteilungen, wahrscheinlich das Vermessungsamt, zieht ins Rathaus Schmargendorf am Berkaer Platz und drängt die dort ansässige Adolf-Reichwein-Bibliothek aus ihren Räumen. Für sie vorgesehen ist ab dem Sommer eben jenes Hortgebäude an der Berkaer Straße, das die Orff-Schule täglich ab etwa 11.30 Uhr vollständig nutzt. Die Hortkinder wiederum wechseln dafür ins Hauptgebäude. Soweit der neue Plan.
Was auf dem Papier machbar scheint, erweist sich in der Praxis als unmöglich. Jedenfalls aus Sicht von Schulleiterin Ursula Riechers: "Wir befinden uns bei der Platzausnutzung im Hauptgebäude bereits am Limit, haben nicht einmal ein Krankenzimmer. Die Liegen stehen auf dem Flur."
Riechers kritisiert nicht nur den Bezirksamtsbeschluss an sich, sondern auch die forsche Art der Mitteilung. Man sei von Schulstadträtin Elfi Jantzen (Grüne) vor vollendete Tatsachen gestellt worden, noch bevor es überhaupt eine Besichtigung gegeben habe. Auch Karsten Sell, der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion, übt scharfe Kritik an dieser Art der Informationspolitik. "Es ist eine Frechheit, wenn man nicht einmal die Eltern informiert", beschwert er sich. Außerdem sei ihm nicht bekannt, dass Jantzen das Bezirksparlament benachrichtigt habe.
Und selbst wenn sich freie Zimmer im Hauptgebäude der Carl-Orff-Schule finden sollten, gibt es entschiedene Bedenken. "Hort ist nun mal nicht dasselbe wie Schule", schimpft Mark Schmiechen. Man könne Kinder, die spielen wollen, nicht dicht an dicht mit denen zusammensetzen, die am späten Vormittag noch Unterricht haben.
Wie Stadträtin Jantzen mit den Vorwürfen umgeht, ist derzeit nicht zu erfahren; sie weilt im Urlaub. Dagmar König von der CDU, die als Stadträtin für Immobilien den Leerzug des Rathauses Wilmersdorf verantwortet, bekräftigt indes den Beschluss des Bezirksamts und macht der Schule keine Hoffnung, es gebe noch Verhandlungsspielraum. "Horte sind längst Teil der Ganztagsschulen geworden", sagte König im Kulturausschuss der BVV. Dass dies auch räumlich zu verstehen ist, habe man an der Carl-Orff-Schule noch nicht verinnerlicht. "Die Zeiten, in denen wir Räume großzügig nutzen konnten, sind vorbei", stellt König klar.
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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