Statische Entladungen bei Gepäckkontrolle
Gewerkschaft Verdi fordert aufgrund von Arbeitsunfällen Schließung des Terminals 1 am BER

An den Kontrollbändern im BER ist zurzeit nicht viel los. Nur wenige Passagiere werden derzeit dort abgefertigt. Statische Entladungen machen aber den Sicherheitsmitarbeitern dort zu schaffen. | Foto: Dirk Jericho
  • An den Kontrollbändern im BER ist zurzeit nicht viel los. Nur wenige Passagiere werden derzeit dort abgefertigt. Statische Entladungen machen aber den Sicherheitsmitarbeitern dort zu schaffen.
  • Foto: Dirk Jericho
  • hochgeladen von Dirk Jericho

Bei den Gepäckkontrollen am BER gibt es seit Monaten rätselhafte Stromschläge an den Kontrollgeräten. Die Gewerkschaft Verdi spricht von bisher 80 Arbeitsunfällen und fordert die Schließung des erst Ende Oktober eröffneten Terminals 1.

Auch eine Woche nach dem „Knall“ hat Melanie K.* Muskelkater im Oberarm. Die Mitarbeiterin der Firma Securitas, die im Auftrag der Bundespolizei (BuPo) die Sicherheitskontrollen durchführt, ist immer noch krankgeschrieben. „Das hat richtig wehgetan“, sagt sie. Melanie K. traf ein Stromschlag, als sie eine Plastikkiste berührt hat. Und das, obwohl sie bereits die neuen ableitfähigen Schuhe trug und einen sogenannten Antistatik-Schlüsselanhänger nutzte, um elektrostatische Ladungen abzuleiten. Das hatte die Bundespolizei nach ersten Beschwerden über die Stromschläge angeordnet. Denn laut Untersuchungen und Sachverständigengutachten soll es sich bei den rätselhaften Stromschlägen an den Kontrollgeräten um elektrostatische Entladungen handeln. „Technische Mängel an den Anlagen der Kontrolltechnik konnten ausgeschlossen werden“, so BuPo-Sprecherin Christina Geier. Die Entladungen würden „in der Regel zu keinen Verletzungen führen, können jedoch Schreckreaktionen verursachen“.

Die Gewerkschaft Verdi spricht von 60 bis 80 Fällen. Mehrfach mussten Verletzte mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht werden. Etliche der rund 100 Securitas-Mitarbeiter seien krankgeschrieben. „Allein am 6. Januar kam es zu elf dokumentierten Fällen, davon vier mit Rettungseinsätzen“, sagt Verdi-Landesbezirksfachbereichsleiter Benjamin Roscher. Er berichtet auch von einer Mitarbeiterin, die nach den Stromschlägen orientierungslos gewesen sein soll und später auf dem Weg zum Auto im Parkhaus zusammengebrochen sei. Kollege Martin W.* will sogar einen hellen Lichtbogen zwischen seiner Hand und dem Pult am Röntgengerät gesehen haben. Wie Melanie K. sagt, soll es das Phänomen auch schon bei den Kollegen an den Check-in-Schaltern und im Keller bei den Koffer-Röntgenstraßen gegeben haben.

Die Bundespolizei hat erst am 12. Dezember Hinweise zu den Vorfällen bekommen, so Christina Geier. Melanie K. glaubt nicht, dass es sich nur um elektrostatische Entladungen handelt und vermutet „irgendwelche Erdungsfehler“. Manche Kollegen hätten sogar Brandblasen, sagt sie. „Alle Mitarbeiter haben Angst, an den Geräten eine gewischt zu bekommen“, so Melanie K. Auch Passagiere bekamen schon einen Stromschlag. „Laut einem Sachverständigegutachten entsprechen alle Anlagen den gültigen Normen und anerkannten Regeln der Technik“, teilt die Bundespolizei mit. Das Sicherheitspersonal habe entsprechende Informationen zur Vermeidung elektrostatischer Aufladungen bekommen. Mittlerweile wurden an den Luftsicherheitskontrollen „ableitfähige Bodenmatten“ ausgelegt. Die BuPo empfiehlt zudem „regelmäßiges feuchtes Wischen des Fußbodens“.

Verdi-Mann Benjamin Roscher fordert die sofortige Einstellung der Arbeiten an den betroffenen Geräten im erst Ende Oktober eröffneten Terminal 1, „bis die technische Ursache für die Arbeitsunfälle gefunden und zweifelsfrei abgestellt ist“. Für Roscher „ist das Verhalten des Unternehmens und der Bundespolizei grob fahrlässig“. Die Flüge sollten auf dem alten Schönefelder Flughafen, dem jetzigen Terminal 5, abgefertigt werden. Der alte Flughafen wird momentan teilweise als Brandenburger Impfzentrum genutzt. „Aufgrund des ohnehin sehr niedrigen Passagieraufkommens käme es durch die Einstellung der Kontrolltätigkeiten im Terminal 1 noch nicht einmal zu Einschränkungen des Flugverkehrs“, sagt Benjamin Roscher.

Auf dem BER starten und landen derzeit täglich gerade mal 100 bis 150 Maschinen. Das ist weniger als ein Zehntel vom Normalbetrieb. Täglich werden weniger als 10 000 Passagiere abgefertigt. Die meisten Flieger sind nicht voll. Die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) sieht wegen der elektrostatischen Entladungen keinen Grund, den Betrieb im Terminal 1 einzustellen. Die zuständigen Stellen der Bundespolizei hätten Maßnahmen ergriffen, die bereits zu einer deutlichen Reduzierung der elektrostatischen Entladungen geführt hätten, sagt Flughafensprecher Hannes Stefan Hönemann. Bei Einhaltung entsprechender Verfahren ließen sich die Vorfälle in Zukunft vermeiden.

*Namen wurden von der Redaktion geändert.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 233× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 992× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 651× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.140× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 2.030× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.