Wie "Paula" Großmann an den Ball kam
Eine 76-Jährige und ihre Liebe für Walking Football
Auf dem Platz sind in diesem Moment nur Männer. Sie spielen eine besondere Form von Fußball. Unter den Zuschauern ist eine Frau, die das Geschehen immer wieder kommentiert und am Ende das Ergebnis notiert. Ein Fan? Die Frau eines Spielers? Nein. Gudrun, Spitzname "Paula" Großmann ist eine wichtige Vertreterin der Fußballvariante, die die Herren auf dem Rasen praktizieren.
Die Fußballvariante nennt sich "Walking Football" und kommt wie der Fußball aus England. Nur die Regeln sind ganz andere. Das Rennen oder Laufen ist untersagt. Ein Bein muss sich immer auf dem Boden befinden. Harte Zweikämpfe sind ebenfalls nicht regelkonform. Spielfeld und Tore haben weitaus kleinere Maße als beim bekannten Fußball. Der Ball darf höchstens einen Meter hoch bewegt werden. Ein Team besteht normalerweise aus sechs Spielern. Es gibt keinen Torwart und die Spielzeit beträgt 15 Minuten ohne Halbzeit.
Walking Football ist vor allem für Menschen jenseits der 60 gedacht, die auf dem Rasen nicht mehr so schnell agieren können. Oder die nach schwerer Krankheit oder Verletzung trotzdem weiter am Ball bleiben wollen. Aktive Fußballerfahrung ist beim Ausüben dieser Version natürlich nützlich aber keine Voraussetzung. Und Walking Football können natürlich sowohl Männer als auch Frauen ausüben.
So wie Gudrun "Paula" Großmann. Sie feiert am 15. Dezember ihren 77. Geburtstag und ist seit gut zwei Jahren Walking Footballerin. Zuvor hatte sie mit Fußball keinerlei Berührung, erzählt die Seniorin. Gudrun Großmann ist Mitglied beim TV Waidmannslust, war dort Turnerin. Daher komme auch der Spitzname, erklärt sie. Sie sei einst "Turn-Paula" genannt worden. Das ist jetzt 59 Jahre her.
In den vergangenen Jahren betrieb sie unter anderem Gesundheitssport. Eines Tages habe die Gruppe zur Abwechslung ein wenig gegen den Ball getreten. Das habe Spaß gemacht, das Tempo musste aber dem Alter der Mitglieder angepasst werden. So kam Walking Football zum TV Waidmannslust.
Inzwischen existiert dort ein Team, das aus zehn Personen besteht. Neben Paula Großmann ist eine weitere Frau vertreten. Der Klub zählt zu der noch immer überschaubaren Zahl von Vereinen, bei denen das Kicken im Gehen inzwischen zum Sportangebot gehört.
Fünf von ihnen haben sich am 20. November auf dem Sportplatz am Brunsbütteler Damm in Spandau zu einem Turnier getroffen. Eingeladen hatten die dort beheimateten Spandauer Kickers, ebenfalls einer der Protagonisten für Walking Football.
Der TV Waidmannslust war mit dabei. Allerdings ohne Paula Großmann auf dem Spielfeld. Wegen einer Verletzung musste sie passen und die Spiele auf der Tribüne verfolgen.
Dass der Gastgeber das Turnier gewann und die Waidmannsluster auf Platz drei landeten, interessierte die meisten Spieler am Ende nur am Rande. Wichtiger war die "dritte Halbzeit", das gemütliche Beisammensein von großen Teilen der noch kleinen Walking Football-Gemeinde, die aber größer werden soll.
Paula Großmann steht beispielhaft dafür, dass Walking Football von nahezu jeder oder jedem ausgeübt werden kann. Und sie vertritt klare Ansichten. Von einem regulierten Spielbetrieb, einer Walking Football Liga, wie sie als Idee in Berlin angedacht ist, hält sie nichts. Das bedeute eine Professionalisierung, bei der der Spaß schnell verloren gehe. Turniere, wie das von den Spandauer Kickers organisierte, würden vollkommen reichen. Auch der Vermutung, dass die entschleunigte Fußball-Variante kaum Herausforderungen abverlange, tritt sie entschieden entgegen. Gehen, sagt Paula Großmann "ist manchmal anstrengender als Laufen".
Paula Großmann will vor allem noch mehr Menschen für Walking Football begeistern. Speziell natürlich, dass sie beim TV Waidmannslust mitmachen. Trainiert wird immer am Mittwoch von 18 bis 19.30 Uhr in der Sporthalle der Münchhausen-Grundschule, Artemisstraße 22.
Weitere Informationen gibt es auch per E-Mail an 1.Vors@tv-waidmannslust.de.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.