Teufelsgeschenk und Zauberfarn
Kirche am Stölpchensee: Kleinod mit Paradiesgarten

Einen Ausflug wert: die Kirche am Stölpchensee, erbaut 1858 bis 1859 von Friedrich August Stüler. | Foto: Fotos: Ulrike Martin
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Leicht erhöht auf dem Wilhelmplatz liegt die Kirche am Stölpchensee mit einem fantastischen Blick aufs Wasser. Das ist aber nicht das einzige Merkmal, das den Bau besonders macht: Rund um das Gotteshaus wurde ein Paradiesgarten angelegt.

Wer vor der Kirche steht sieht am Zaun ein laminiertes Bild mit Text. Darauf abgebildet ist das Gemälde „Paradiesgärtlein“ aus der Zeit um 1410/1420. Gemalt hat es ein unbekannter Oberrheinischer Meister. Darauf abgebildet sind neben der lesenden Mutter Gottes und dem Christuskind mehrere Engel und Heilige sowie 23 symbolisch aussagekräftige Pflanzen. „Einige davon können Sie in unserem Garten finden“, ist auf dem Schild zu lesen.

Vor rund 18 Jahren hatte Anneliese Swarzenski, Mitglied der evangelischen Gemeinde Wannsee, zu der die Kirche gehört, die Idee zu dem Garten. Gemeinsam mit einigen Helfern begann sie, den himmlischen Paradiesgarten nachzupflanzen. Je nach Saison wachsen hier unter anderem Akelei, Gänseblümchen, Passionsblumen oder Erdbeeren. Die Pflanzen sind mit kleinen Schildern versehen, die ihre Bedeutung erklären. So soll das Gänseblümchen ein Symbol der Mutterliebe sein, da es abends schützend die Blätter über dem körbchenförmigen Blütenstand zusammenzieht. Thymian soll die Manneskraft stärken, Schöllkraut gegen den Grauen Star helfen. „Oder gegen die geistige Blindheit“, sagt Annliese Swarzenski.

Farne gelten als Sinnbild für das Geheimnis der Schöpfung. Mancherorts werden sie auch Johanneskraut genannt, denn der in der Nacht vor dem Johannistag, dem 24. Juni, gesammelte Samen soll die Fähigkeit zum Fliegen verleihen und unsichtbar machen. Aus Lavendel und Scfagarbe lässt sich Seife machen. „Und Erdbeeren sind die Speise der Seligen im Paradies“, erklärt Swarzenski. Disteln gelten seit Adam und Eva als „Lohn der Sünde“, zwar von Gott gegeben, aber trotzdem ein Teufelsgeschenk.

Im Garten auch zu finden ist ein kleiner Brunnen in Form eines runden Steins, über den Wasser fließt. Eine Freundin Annelieses hatte die Idee dazu, verstarb aber, bevor der Brunnen gebaut werden konnte. „Wir haben ihn ,Quelle des Lebens‘ genannt als Erinnerung an sie.“

Wenn alles wächst und gedeiht, ist Swarzenski täglich im Garen anzutreffen und gießt, jätet Unkraut oder schneidet Sträucher. Auch im Winter geht es weiter, wenn auch mit mehr Pausen. „Dann setzen wir Nadelhölzer in die Töpfe.“

Die Besucher der Kirche freuen sich über den Paradiesgarten und die christliche Pflanzensymbolik. „Die Resonanz ist positiv. Vele sagen, der Garten sei etwas ganz Besonderes“, erzählt Swarzenski.

Auch die Kirche ist mehr als einen Blick wert. Sie ist die Nachfolgerin der mittelalterlichen Dorfkirche von Stolpe. Sie wurde 1858 bis 1859 vom Leiter des preußischen Hof- und Staatsbauwesens Friedrich August Stüler nach einer Idee von König Friedrich Wilhelm IV. erbaut. Die Kosten betrugen 15 000 Taler.

Das Mauerwerk, in dem Teile des Vorgängerbaus verwendet wurden, ist mit gelben Ziegeln verblendet. Die Kirche hat den Grundriss eines Kreuzes. Sie besteht aus einem Lang- und einem Querschiff. Der quadratische Turm hat ein Pyramidendach mit vier Türmchen. Eine Orgel war ursprünglich von Stüler nicht geplant, wurde der Gemeinde aber noch vor Fertigstellung der Kirche vom König zugesagt. Seit 2010 gibt es eine neue Orgel mit 17 Registern der Firma Mühleisen in einem historischen Gehäuse.

Im Turm hängen neben drei Geläutglocken noch 18 Spielglocken. Das Glockenspiel ist einzigartig in Berlin. Morgens um 8 Uhr löst die Turmuhr das Spielwerk aus. Eine eiserne Walze mit 8640 Löchern in 240 Reihen setzt sich in Bewegung und spielt den Choral „Lobet den Herren“. Auch zu hören: „Üb immer Treu und Redlichkeit“ und „Ein Mädchen oder Weibchen wünscht Papageno sich“ aus Mozarts Zauberflöte sowie weitere Melodien. Mit einigen Pausen sind bis abends um 21 Uhr weitere Melodien zu hören. Passend zu den Festen des Kirchenjahres können die Lieder gewechselt werden.

Neben der Kirche steht das Alte Schulhaus, früher als Dorfschule benutzt. Heute findet dort die Seniorenarbeit der Gemeinde statt. Kleine Schilder erläutern die Bedeutung und christlich Symbolik der Pflanzen im Paradiesgarten.

Autor:

Ulrike Martin aus Neukölln

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