Vom Industriegelände ins Zentrum
Ehrenamtlich betriebene Bibliothek eröffnet demnächst an der Hauptstraße

Marion Kunert und Claudia Hakelberg engagieren sich seit Jahren ehrenamtlich für die Bibliothek Wilhelmsruh. | Foto: Bernd Wähner
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  • Marion Kunert und Claudia Hakelberg engagieren sich seit Jahren ehrenamtlich für die Bibliothek Wilhelmsruh.
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Die ehrenamtlich betriebene Bibliothek in Wilhelmsruh wird bis spätestens Ende September an ihrem neuen Standort wiedereröffnen.

Weil der Mietvertrag für die Räume am bisherigen Standort an der Hertzstraße 61 auslief, suchten Verein und Bezirksamt bereits seit 2014 nach einem Ersatzstandort. Im vergangenen Jahr konnte dieser gefunden und für das frühere Postgebäude an der Hauptstraße 32 ein Mietvertrag abgeschlossen werden. Trotz Corona-Beschränkungen renovierten die Vereinsmitglieder die Räume in den vergangenen Monaten mit viel Engagement. Mitte Juni fand dann der Umzug mit unzähligen Bücherkisten, Regalen und anderem Equipment statt.

„Wir haben unseren alten Standort komplett beräumt und inzwischen an dem Eigentümer übergeben“, berichtet Patrick Meinhardt. Er ist der Vorsitzende des Vereins Leben in Wilhelmsruh. Diesem Verein ist es zu verdanken, dass es im Ortsteil überhaupt noch eine Bibliothek gibt. Im November 2004 schloss das Bezirksamt die einstige kommunale Bibliothek an der Edelweißstraße 5. Seinerzeit war Pankow hoch verschuldet und musste nach Auflagen des Senats sparen. Für die Bibliothek standen plötzlich weder Personal noch finanzielle Mittel zur Verfügung.

Engagierte Wilhelmsruher um Patrick Meinhardt gründeten seinerzeit den Verein Leben in Wilhelmsruh. Ihr Ziel war es, eine Bibliothek im Ortsteil in Eigenregie zu betreiben. Nach langwierigen Verhandlungen mit dem Bezirk und intensiver Suche nach einem geeigneten Gebäude wurde diese Vision im Frühjahr 2006 Wirklichkeit. Bevor es aber mit der Ehrenamtsbibliothek an der Hertzstraße 61 losgehen konnte, wurde das historische Eingangsgebäude zum Industrieareal Bergmann Borsig, dem heutigen Pankow-Park, in einer atemberaubenden Aktion instandgesetzt. Mehr als zweihundert freiwillige Helfer aus allen Ecken der Stadt halfen mit. Die offizielle Eröffnung nahm der damaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse (SPD) vor.

Mietvertrag bis 2020 befristet

Die Bibliothek Wilhelmsruh war seitdem in jeder Woche 21 Stunden geöffnet. Dafür sorgte ein Team von engagierten Helferinnen und Helfern. Die Ehrenamtlichen pflegten nicht nur den 17 000 Medieneinheiten umfassenden Bestand und übernahmen die Ausleihe. Sie organisierten auch gemeinsam mit Vereinsmitgliedern unzählige Veranstaltungen. Es gab Lesungen, Musikabende, Ausstellungseröffnungen, und die ehrenamtlichen Bibliothekare engagierten sich in der Leseförderung von Kindern. So entwickelte sich die Bibliothek zum kulturellen Zentrum des Ortsteils.

Für das Gebäude an der Hertzstraße hatte der Verein allerdings nur einen befristeten Mietvertrag bis 2020. Für die Bibliothek musste deshalb ein neuer Standort gefunden werden. Angedacht war unter anderem ein Neubau des Bezirks auf dem Areal des Pankow-Parks. Doch dieses Vorhaben zerschlug sich trotz intensiver Bemühungen von Verein und Bezirk. Die Zukunft der Bibliothek war völlig ungewiss.

Vor einem Jahr war die Suche nach geeigneten Räumen endlich von Erfolg gekrönt. Der Verein Leben in Wilhelmsruh konnte mit den Eigentümern des Gebäudes an der Hauptstraße 32 einen Mietvertrag abschließen. In diesem befand sich viele Jahre eine Post, später eine Postbankfiliale, die im August 2018 dicht machte. Seit dem standen die Räume leer. Damit der Verein die Räume anmieten konnte, unterstützt ihn das Bezirksamt mit finanziellen Mitteln aus dem Bezirkshaushalt. „Dass wir mit der Bibliothek in das Zentrum des Ortsteils kommen, versüßte uns ein wenig den Abschied vom alten Standort“, gesteht Patrick Meinhardt.

Bürgermeister begeistert von Engagement

Seit vergangenem Herbst bauen Vereinsmitglieder, ehrenamtliche Helfer sowie beauftragte Fachfirmen die neuen Räume für die Bibliotheksnutzung um. Nun ist der etwa 85 Quadratmeter große Bibliotheksbereich in der ersten Etage soweit hergerichtet, dass die Bibliothek wieder öffnen kann. Noch fehlt allerdings die Betriebserlaubnis aus dem bezirklichen Bauamt. Sobald diese vorliegt, wird mit Unterstützung der Wohnungsbaugenossenschaft Wilhelmsruh noch der Eingangsbereich umgebaut: Und dann kann es losgehen.

Zum Thema Betriebserlaubnis will Bürgermeister Sören Benn (Die Linke) umgehend noch einmal im Amt nachhaken. Das versprach er, als er kürzlich die neuen Räume besichtigte. Benn lobt das unglaublich große Engagement des Vereins und seiner Unterstützer. „Das ist mir in dieser Dimension aus keinem anderen Ortsteil im gesamten Bezirk bekannt“, sagte er anerkennend.

Patrick Meinhardt macht indes deutlich, dass es sich zunächst nur um einen ersten Bauabschnitt handelt, der eröffnet wird. In ihm findet sich zunächst ein Drittel des Medienbestandes in den Regalen. Nach und nach soll dann auch der zirka 180 Quadratmeter große Keller ausgebaut werden. In ihm entsteht unter anderem ein Magazin, in dessen Regalen die restlichen zwei Drittel des Medienbestandes Platz finden. Keller und Obergeschoss werden dann mit einer Treppe verbunden, sodass bei Bedarf auch im Untergeschoss nach Medien gesucht werden kann. In der Bibliothek wird auch eine kleine Bühne eingebaut, sodass auch wieder, sobald es die Rahmenbedingungen zulassen, Lesungen oder kleine Konzerte stattfinden können.

Bürgermeister Benn sagte begeistert: „Dieses Projekt zeigt, wie zivilgesellschaftliches Engagement erfolgreich sein kann.“ Deshalb unterstützt das Bezirksamt den Verein auch mit fachlicher Beratung sowie mit PC-Soft- und -Hardware.

Weitere Informationen zum Verein Leben in Wilhelmsruh und zur Bibliothek gibt es auf www.leben-in-wilhelmsruh.de.

Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

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