Wenn in den Fenstern nichts mehr zu sehen ist
Ungewöhnliche Aktion von „Wilhelm gibt keine Ruh“

Kiezbewohner Thomas Oberende hatte die Idee, für ein paar Stunden die Schaufenster zu verhängen. Hier steht er vor dem ehrenamtlich betriebenen Kiezladen. | Foto:  Bernd Wähner
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Was passiert denn hier? Warum verkleben sie denn ihre Schaufenster mit schwarzem Papier? Müssen Sie schließen? Die Mitglieder der Initiative „Wilhelm gibt keine Ruh“ hatten viele Fragen zu beantworten, als sie kürzlich zur besten Einkaufszeit auf der Hauptstraße auf etliche Schaufenster schwarzes Packpapier klebten.

„So könnte es bald aussehen, wenn die Läden nicht mehr genutzt werden und alles nur noch online bestellt wird“, sagt Thomas Oberende. Der engagierte Mitstreiter der Initiative „Wilhelm gibt keine Ruh“ hatte die Idee zu dieser Aktion. Ladenbetreiber stöhnen unter hohen Mieten und Betriebskosten, Anwohner bekommen viele Dinge des täglichen Bedarfs nicht mehr vor Ort. Hinzu kommt der zunehmende Verkehr. Viele Geschäfte entlang der Hauptstraße haben bereits aufgegeben. Die Probleme dieser kleinen Einkaufsstraße in Wilhelmsruh sind vielfältig. Aber ohne die Läden verödet die Straße immer mehr.

Um etwas dagegen zu tun, taten sich engagierte Ortsteilbewohner vor etwa drei Jahren zur Initiative „Wilhelm gibt keine Ruh“ zusammen. Gemeinsam erarbeiteten sie eine Vision, wie das Ortsteilzentrum wieder belebt und attraktiver werden könnte. Mit ihrem Konzept bewarb sich die Initiative beim Mittendrin Berlin!-Wettbewerb. Ausgelobt wird dieser Wettbewerb seit einigen Jahren gemeinsam von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin und dem Senat in Kooperation mit weiteren Partnern. Zu diesen gehört auch die Berliner Woche.

Verein betreibt Kiezladen

Aufgabe der Wettbewerbsteilnehmer ist es, kreative Ideen für Geschäftsstraßen und -zentren zu entwickeln, um diese noch mehr zu beleben und attraktiver zu machen. 2020 erhielt das Team der Initiative „Wilhelm gibt keine Ruh“ als eines von drei Gewinnerteams den Zuschlag für eine professionelle Unterstützung sowie finanzielle Mittel für Projekte. Mit diesen Mitteln wurden inzwischen erste Ideen umgesetzt.

Ende 2020 eröffnete die Initiative zum Beispiel einen Kiezladen in der Hauptstraße 24. Der Laden ist vielen alteingesessenen Wilhelmsruhern noch als Fleischwarenladen in Erinnerung. Doch einige Jahre lang standen die Gewerberäume leer, so wie etliche andere an der Hauptstraße. Der Initiative gelang es, mit dem Vermieter überein zu kommen, dass die Räume vorübergehend als Kiezladen genutzt werden. Dieser wird ehrenamtlich von Mitgliedern und Unterstützten der Initiative betrieben. In diesem Laden werden regionale und nachhaltige Produkte angeboten.

Um weiter auf der Straße voranzukommen, bewarb sich die Initiative „Wilhelm gibt keine Ruh“ in diesem Jahr erneut beim Mittendrin Berlin!-Wettbewerb. Und sie schaffte es mit ihrem neuen Konzept in die nächste Runde. Mit der Aktion der Schaufensterverhängung beziehungsweise -beklebung wollte die Initiative nun noch mehr Ortsteilbewohner für ihre Themen sensibilisieren und für die künftige Gestaltung der Hauptstraße mit ins Boot holen. „Wir sagen den Anwohnern: Sehen Sie die Hauptstraße nicht bloß als Geschäftsstraße. Bestenfalls ist die Einkaufsstraße nämlich ein lebendiger Ort mit Begegnungscharakter für alle“, sagt Britta Lüdecke, eine der Mitgründerinnen der Initiative.

Anwohner aufrütteln

Der Impuls für eine Attraktivitätssteigerung der Straße müsse aber von den Kiezbewohnern kommen. Niemand kenne die Bedürfnisse und die Bedarfe besser als sie, sagt Nele Thoma. Deshalb verhängten Mitglieder der Initiative, die sich inzwischen zu einem Verein zusammengeschlossen haben, auch die Schaufenster der Läden schwarz und mahnten: Die Geschäfte tragen Trauer. „Wir erhoffen uns davon ein Aufrütteln der Anwohner“, sagt Thomas Oberende. Dass diese Aktion die Menschen ansprach, merkten die Vereinsmitglieder an Hand der vielen, oftmals erklärenden Gespräche, die sie vor den schwarz verhängten Läden führten.

Das aktuelle Projekt des Vereins basiert auf dem Konzept Planning for Real. Dabei handelt es sich um eine erprobte Methode, um Veränderungen der Wohnumgebung, in diesem Fall der Wilhelmsruher Hauptstraße, herbeizuführen, die von der Bevölkerung ausgeht. Zu diesem Zweck wurde ein Modell von der Hauptstraße angefertigt. Auf einer Einwohnerversammlung konnten die Kiezbewohner kürzlich ihre Wünsche und Ideen für eine attraktivere Hauptstraße äußern. Danach wurden Arbeitsgruppen gebildet. Diese prüfen die Vorschläge auf ihre Verwirklichungschance hin. Danach wird priorisiert und umgesetzt, was machbar ist.

Weitere Informationen zur Initiative gibt es unter www.wilhelm-gibt-keine-ruh.de sowie über die E-Mail-Kontakte b.luedeke@wilhelm-gibt-keine-ruh.de und n.thoma@wilhelm-gibt-keine-ruh.de. Das finale Konzept im aktuellen Mittendrin Berlin!-Wettbewerb muss bis zum 23. Januar eingereicht werden. Danach entscheidet eine Jury darüber, welche von den sechs nominierten Projekten aus Phase zwei den Wettbewerb gewinnen.

Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

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