Mies van der Rohe Haus präsentiert vier Ausstellungen
Was sei die Malerei denn anderes als die Verteilung von Farbe auf einer Fläche? Mit dieser Frage hatte der US-amerikanische Kunstkritiker Clement Greenberg Ende der 1940er Jahre mit den Porträt- und Landschaftsmalern endgültig abgerechnet. Seitdem dient die Leinwand der modernen Kunst nicht mehr als Fläche, auf der ein möglichst getreues Abbild der Wirklichkeit aufgebracht wird. Die Fläche ist einzig dafür da, die Farbe darauf frei nach eigenem Konzept zu organisieren. Ein Gegenstand ist in diesen Abbildungen nicht mehr fassbar. Farbe wird nunmehr verteilt und aufgespritzt, in Schichten übereinander aufgetragen oder in Flächen gegeneinander gesetzt. Was passiert jedoch, wenn sich ein Maler statt auf die bunte Farbenvielfalt ausgerechnet auf die unbunte Farbe Grau kapriziert? Dass Grau für viel Lebendigkeit und große Bewegung in der Kunst sorgen kann, das zeigt das Mies van der Rohe Haus in seinem Themenjahr "Hauptsache Grau". Mit vier Kunstausstellungen und zahlreichen Vorträgen von Psychologen, Linguisten und Designern lädt die Kultureinrichtung zu einer spartenübergreifenden Auseinandersetzung mit der Nicht-Farbe ein. "Grau scheint in der Luft zu liegen. Es ist der aktuelle Zeitgeist", sagt Wita Noack, die Leiterin des Hauses. "Grau gilt als elegant, sachlich und modern. Doch die Farbe wird oft auch negativ wahrgenommen. Wir werden beweisen, dass Grau etwas Farbiges sein kann." Als farblicher Nicht-Ort zieht Grau seit langem auch das Interesse internationaler Künstler auf sich. Diese Auseinandersetzung mit Farbe über Form bis hin zur Philosophie in der Kunst greift das Mies van der Rohe Haus auf. Zusammen mit den Kuratoren Michael Fehr und Matthias Bleyl entwickelte Noack die vier Kunst-Schauen, deren Auftakt am 3. März mit der Ausstellung "Hauptsache Grau #01" stattfindet. Unter den zehn präsentierten Positionen zeitgenössischer Kunst sind so namhafte Namen wie Raimund Girke, Alfonso Fratteggiani Bianchi, Elisabeth Sonneck sowie Matt McClune und Sanford Wurmfeld.
Wie ein Bildinhalt organisiert wird und mit Farbe in Bezug gesetzt wird, das zeigt in der Ausstellung etwa Raimund Girkes Bild "Ruhiger Ablauf" aus dem Jahr 1970. Der Künstler zog durch sein Bild horizontale Zonen, die jeweils mit einem Grauwert gefüllt wurden. Um sprichwörtliche Durchlichtung der Farbe geht es wiederum dem amerikanischen Künstler Matt McClune, dessen Arbeit "Gray" aus dem Jahr 2012 zu sehen ist. Statt auf eine Leinwand trug der Künstler die Farbe Grau auf eloxiertes Aluminium auf. Das Lichtreflexionsvermögen dieser Fläche lässt die darauf fließend aufgebrachte Acrylfarbe fast durchsichtig und leuchtend erscheinen. "Allen Künstlern ist zwar das Malerische gemeinsam. Bei jedem einzelnen wird Grau aber unterschiedlich ,ermalt. Sie zeigen, was künstlerisch mit einer Farbe erreicht werden kann", sagt Wita Noack.
Autor:Karolina Wrobel aus Lichtenberg |
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