"Obdach auf Zeit" zeigt Geschichte der Ausländerheime
"Die Lebenssituation Mitte der 1990er Jahre war schwierig", weiß Bernard Mayo Nke. Der aus Kongo stammende Journalist erinnert sich an fremdenfeindliche Übergriffe gegen die Bewohner der ehemaligen Ausländerheime. Doch ihm sind auch viele gute Erinnerungen geblieben, etwa an die vielen Kinder und Jugendlichen aus unterschiedlichen Ländern. Damals sorgte er in Projekten für ein besseres Miteinander, indem er mit den Kindern musizierte oder bastelte. Viele Vereine suchten die Lebensbedingungen für die Bewohner zu verbessern. Ein Spielplatz entstand, auch eine Bastelwerkstatt. Trotzdem blieben die Heime ein Brennpunkt, denn unterschiedliche Menschen kamen zusammen.Die wechselhafte Historie der ehemaligen Ausländerwohnheime zeigt die Ausstellung "Obdach auf Zeit" im Nachbarschaftshaus im Ostseeviertel in der Ribnitzer Straße 1b. Auf elf Tafeln ist sie nachzulesen, viele Bilder illustrieren die damaligen Lebensverhältnisse, Zeitzeugenberichte ergänzen die Präsentation. "Hier spiegelt sich europäische Geschichte wieder", weiß die Journalistin Susanne Harmsen. Ob Bauarbeiter der DDR, Vertragsarbeiter aus Vietnam oder vertriebene Kosovo-Albaner: "Viele Menschen haben hier wenige Wochen bis zu mehreren Jahren gewohnt". "Die Wohnheime bilden ein großes Stück der Identität von Hohenschönhausen", erklärt Rolf Meyerhöfer. Der Leiter der Geschichtswerkstatt des Fördervereins Schloss Hohenschönhausen realisierte zusammen mit der Journalistin Harmsen, sowie Bettina Grotewohl von der Bürgerinitiative Ausländische MitbürgerInnen, der Chefin des Vereins für ambulante Versorgung Hohenschönhausen (VaV) Evelyn Ulrich und der ehemaligen Ausländerbeauftragten Bärbel Olhagaray die Geschichte der heute leer stehenden Häuser.
Die Anlage wurde bis 1980 errichtet und war zunächst als Unterbringung für die Bauarbeiter gedacht, die die umliegenden Großsiedlungen realisierten. Ab 1982 zogen auch Vertragsarbeiter aus Vietnam, Mosambik und Angola ein. Die Wohnbedingungen waren beengt, die Bewohner mehrerer Zimmer mussten sich ein Bad und eine Küche teilen.
Für die Vertragsarbeiter waren die Heime zwar eine Schutzzone, klärt die Ausstellung auf. Doch die dort lebenden Menschen waren auch getrennt vom Rest der Bevölkerung. Das änderte sich mit der Wende, als auch Polen und Tschechen, sowie Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion und später auch Kriegsflüchtlinge aus Ex-Jugoslawien in die Heime zogen. Wie viele Menschen das Wohnheim als Transit nutzten, sei unklar, erklärt Susanne Harmsen. "Die neun Häuser waren oft überbelegt". 2003 zogen die letzten Menschen aus.
Ein Investor kaufte die Anlage, die weiter verfällt. So gerät auch ihre Geschichte in Vergessenheit. "Dabei ist sie ein guter Anknüpfungspunkt, um herauszufinden, wie wir eigentlich mit Fremden umgehen", sagt Evelyn Ulrich vom VaV. Jüngst wurden in Lichtenberg neue Wohnheime eröffnet. Aktuell stellt der Bezirk knapp ein Drittel aller Plätze für die Asylbewerber in Berlin.
Autor:Karolina Wrobel aus Lichtenberg |
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