Im Stil englischer Landhäuser
Martin-Niemöller-Haus ist Denkmal des Monats September
von Jörg Rüter und Ulrike Martin
Die evangelische Gemeinde Dahlem wurde 1908 selbstständig und ein eigenes Gemeindehaus musste her. Für die Errichtung stellte die Domänenverwaltung ein schmales Grundstück nördlich der St. Annen-Kirche an der Cecilienallee, der heutigen Pacelliallee, zur Verfügung.
Das Haus sollte eine standesgemäße Wohn- und Dienststätte mit Amts- und Wartezimmer für den neu bestellten Pfarrer werden. Ein Wettbewerb wurde ausgelobt, die Bausumme sollte bei 60000 Mark liegen.
Realisiert wurde 1909 bis 1910 ein Entwurf von Heinrich Straumer (1876-1937), der als Architekt des Berliner Funkturms bekannt wurde. Er verband das Dorfzentrum und das neue Gemeindehaus durch die Verlängerung der Feldsteineifassung des alten Kirchhofs, denn der Neubau sollte sich in die alte Dorflage einfügen.
Es entstand ein eingeschossiges Haus in der Tradition englischer Landhäuser mit einem L-förmigen Grundriss und ausgebautem Dach. Durch das höher gelegene Gelände konnte er zusätzlich Fläche im Souterrain gewinnen. Dort waren die Wohnung für den Gemeindediener, der Versammlungsraum für die Konfirmanden und die Wirtschaftsbereiche untergebracht. Im Hochparterre lagen Küche, Amts- und Wohnbereiche sowie kleine Zwischenräume, die als Archiv und Wartezimmer fungierten.
Straumer verwendete mit dem Rathenower Handstrichziegel und holländischen S-Pfannen für das Dach einfache Materialien, erreichte aber mit fein ausgearbeiteten Details besondere Qualität in der Gestaltung, etwa mit einem klassischen Kreuz- und dekorativen Fischgrätverband der Ziegel und unterschiedlichen Fensterformen.
Bei der Fertigstellung des neuen Pfarrhauses lagen die Baukosten mit 71150 Mark dann doch etwas höher als ursprünglich vorgesehen. Das Haus war der erste Ziegelbau in der Dahlemer Villenlandschaft.
Im Inneren des Hauses gab es zur Entstehungszeit kräftige Farbkontraste. Sie wurden bei den seit 2015 laufenden Sanierungsarbeiten restauratorisch bestätigt und wieder hergestellt.
Martin Niemöller (1892-1984) war der dritte Pfarrer nach der Neugründung der Dahlemer Gemeinde. Er lebte von 1932 bis 1937 im Straumer-Haus. Als Begründer des Pfaffernotbundes und der Bekennenden Kirche wurde er von der Gestapo bespitzelt und schikaniert und am 1. Juli 1937 verhaftet. Er überlebte die Konzentrationslager in Sachsenhausen und Dachau.
Die Gemeinde Dahlem stellte 1980 das nach Niemöller benannte Pfarrhaus für ein friedenspolitisches Engagement kirchlicher und zivilgesellschaftlicher Akteure zur Verfügung. Eine Ausstellung präsentiert die Geschichte des Widerstandes der Bekennenden Kirche gegen die Nazi-Diktatur, es gibt Veranstaltungen und Bildungsangebote.
Autor:Ulrike Martin aus Neukölln |
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