Auch Schildkröten werden ausgesetzt
Ferienzeit ist Stoßzeit im Tierheim – Gespräch mit Tierschutzverein-Sprecherin Annette Rost

TVB-Sprecherin Annette Rost mit drei Schützlingen. Im Gespräch mit der Berliner Woche erklärt sie, wie sich Tierhalter auf den Urlaub vorbereiten sollten. | Foto: Foto: Clara Rechenberg/Tierheim Berlin
  • TVB-Sprecherin Annette Rost mit drei Schützlingen. Im Gespräch mit der Berliner Woche erklärt sie, wie sich Tierhalter auf den Urlaub vorbereiten sollten.
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Was lange lieb war, ist plötzlich zu teuer – anders lässt sich das Phänomen kaum erklären: Alle Jahre wieder bescheren die Sommerferien dem Tierheim am Hausvaterweg etliche neue Schützlinge, die von ihren Besitzern vor dem Start in den Urlaub ausgesetzt wurden. Wir sprachen über das Thema mit Annette Rost, Pressesprecherin beim Tierschutzverein Berlin und Umgebung (TVB).

Wohin mit Mops, Mieze, Maus – als kämen die Fe-rien aus heiterem Himmel – scheint manchem Tierhalter diese Frage erst kurz vor dem Urlaubsantritt zu dämmern. Wenn sich kein Ersatz-Hüter findet, landen die „Lieblinge“ dann bei Ihnen im Tierheim. Zeichnet sich die Tendenz auch in diesem Sommer ab?

Annette Rost: Die Situation hat sich in den vergangenen Jahren zwar verbessert, aber ja, es werden immer noch viele Tiere in beziehungsweise vor den Sommerferien ausgesetzt: Katzen in Transportboxen, die einfach ins Gebüsch gestellt werden; Meerschweinchen im Karton oder zum Beispiel vier Kanarienvögel, die samt Käfig in Tegel gefunden wurden. Es sind übrigens nicht nur Hunde, Katzen oder Kleintiere, die wegen der Ferien ihr Zuhause verlieren. Auch Bartagamen und Schildkröten sind in den letzten Tagen im Tierheim angekommen, weil ihr Besitzer sie nicht mehr haben wollte.

Spielt der besonders trockene und heiße Sommer eine Rolle?

Annette Rost: Nein, wir finden auch im Winter ausgesetzte Tiere. Zum Beispiel eine 2,20 Meter lange Boa Constrictor, die bei Schnee und Eis auf unserem Parkplatz zurückgelassen wurde. Wenigstens war sie sachkundig eingepackt und dadurch vor der Kälte geschützt.

Was können Familien tun, die niemanden haben, der ihren Hund oder ihre Katze versorgt, während sie im Urlaub sind, und die sich keine Tierpension leisten wollen?

Annette Rost: In vielen Urlaubsregionen sind auch Hunde gern gesehene Feriengäste. Suchen Sie sich also einfach ein Ferienziel aus, in dem die ganze Familie willkommen ist. Ihr Haustier gehört doch auch dazu! Im Internet finden sich viele Anbieter für einen schönen Urlaub mit Tier.

Katzen lassen sich aber in der Regel nicht so gut mit in den Urlaub nehmen. Und manche Hunde vertragen Reisen nicht. Was dann?

Annette Rost: Alternativ gibt es immer die Möglichkeit, über die Nachbarschaftshilfe fündig zu werden. Viele Menschen können dauerhaft keinen Hund, keine Katze halten, freuen sich aber, wenn sie einmal zwei Wochen einem Tier ein Zuhause geben können. Dafür gibt es Onlineplattformen wie nebenan.de, oft hilft auch der gute alte Zettel am Laternenmast oder am Schwarzen Brett des Lieblingssupermarktes.

Was raten Sie, wenn ein Haustier – nach Erfahrung der Besitzer – keinen Ortswechsel oder andere Bezugspersonen mag?

Annette Rost: Suchen Sie sich jemanden, der mit Tieren Erfahrung hat. Jemanden, der ruhig und besonnen mit dem Tier umgeht. Und vielleicht findet sich jemand aus dem Bekannten- oder Freundeskreis, der schon vor dem Urlaub vorbeikommt und dem Tier die Möglichkeit gibt, langsam Vertrauen zu fassen. Generell ist es eine gute Idee, für Notfälle vorzusorgen. Es geht ja nicht nur um die Urlaubszeit. Eine Krankheit, ein plötzlicher Klinikaufenthalt, neue Arbeitszeiten, eine kurzfristig anberaumte Dienstreise: All das kann dafür sorgen, dass Tierhalter ganz plötzlich unkomplizierte Unterstützung benötigen. Schauen Sie im Vorfeld, ob Sie sich hier ein gutes Netzwerk aufbauen können. Vielleicht gibt es ja einen tierlieben Nachbarn, der gerne einmal mit einem Hund spazieren gehen möchte oder der sich für Katzen begeistert. Die Erfahrung zeigt, dass es extrem hilfreich ist, tierliebe Menschen aus dem Freundes- oder Nachbarschaftskreis in solchen Fällen ansprechen zu können, die kurzfristig aushelfen, wenn es notwendig ist.

Was sollten Menschen beachten, die ein ausgesetztes Tier finden? Wie verhalten sie sich am besten?

Annette Rost: Sie können die Tiere an jeder Polizeidienststelle abgeben, der Amtliche Tierfang bringt sie dann in die Tiersammelstelle, die sich hier auf unserem Gelände befindet. Sollten Sie ein Tier finden und nicht sicher sein, ob es möglicherweise aggressiv reagiert oder vielleicht gefährlich ist, dann rufen Sie in jedem Fall die Polizei. In der Amtlichen Tiersammelstelle finden sich übrigens alle Tiere ein, die in Berlin aufgegriffen werden – also auch die, die entlaufen sind. Von ihnen posten wir zweimal wöchentlich Fotos auf Facebook, so können die besorgten Besitzer schnell erfahren, ob ihr Schützling in der Tiersammelstelle ist.

Wer das Tierheim Berlin unterstützen möchten, findet viele Informationen unter www.tierschutz-berlin.de/spenden-und-helfen/

Autor:

Berit Müller aus Lichtenberg

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