Reichstagsrasen als Friedhofswiese

Eines von vielen Gräbern auf der Wiese. | Foto: Dirk Jericho
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Tiergarten. Beim sogenannten Marsch der Entschlossenen am 21. Juni haben hunderte Demonstranten die frisch sanierte Reichstagswiese in einen symbolischen Friedhofsacker verwandelt.

Unzählige Löcher auf der Wiese, etliche Holzkreuze, Grabkerzen, halb eingebuddelte Holzkisten: Nachdem die Polizei den Platz der Republik nach stundenlangen Auseinandersetzungen geräumt hatte, bot sich ein Bild der Verwüstung. Die Demonstranten hatten die Wiese zerfurcht und zahlreiche Gräber angelegt.

Mit der Aktion wollten die Teilnehmer gegen die Flüchtlingspolitik der Europäischen Union und das Schließen der Grenzen aufmerksam machen. Das „Zentrum für politische Schönheit“ hatte unter dem Motto „Die Toten kommen" angekündigt, im Meer ertrunkene Flüchtlinge im Regierungsviertel zu bestatten. Vor dem Kanzleramt war ein Bauschild für eine Friedhofsanlage „Den unbekannten Einwanderern" aufgestellt worden. Als die etwa 5000 Demonstranten das Kanzleramt erreichten, wurden die Bauzäune um den Platz der Republik umgeworfen. Tausende stürmten die frisch sanierte Grünanlage vor dem Reichstag. Der Bezirk hatte den Platz in den letzten Monaten für 45 000 Euro hergerichtet.

Der Rasen ist jetzt zerstört, die Rasenregeneration vom Grünflächenamt war völlig umsonst. Der zuständige Stadtrat Carsten Spallek (CDU) beziffert den Schaden in einer ersten Schätzung auf mindestens 10 000 Euro. Unklar ist noch, ob auch die unterirdische Beregnungsanlage beschädigt wurde. Für die Besucher bedeutet es, dass sie den Platz der Republik im Sommer nicht nutzen können. Wegen der Beseitigung der Schäden bleibt die Wiese eingezäunt. Frühestens im August können sich Touristen und Berliner wieder auf dem Rasen ausruhen.
„Meinungsfreiheit und Demonstrationsrecht sind ein hohes Gut, diese sind hier auf das Gröbste missbraucht worden. Auch das berechtigte Anliegen, auf die Situation der Flüchtlinge aufmerksam zu machen, kann vorsätzliche Sachbeschädigung nicht legitimieren", sagte Spallek. „Wer unter diesem Vorwand Randalierern ein Forum gibt, schadet der Sache und macht sich gleich mit Chaoten, die nur auf Krawall aus sind.“ Die Polizei hat insgesamt 91 Personen bei den Scharmützeln auf der Reichstagswiese vorübergehend festgenommen, gegen die unter anderem wegen Landfriedensbruch und Sachbeschädigung ermittelt wird. Dass die Verursacher den entstandenen Schaden bezahlen werden, ist eher unwahrscheinlich. Der Bezirk wird wohl auf den Kosten sitzenbleiben.

Die meisten der von der Polizei Geschnappten gehörten zum sogenannten schwarzen Block, weiß Spallek. Weil die oft kein Geld haben, laufen Forderungen meist ins Leere. „Gehe davon aus, dass der Verantwortliche der Demo persönlich für die Schäden haftet“, twitterte CDU-Fraktionschef Thorsten Reschke. Daraus wird vermutlich auch nichts werden. Die Politaktivisten vom „Zentrum für Politische Schönheit“, die sich „Sturmtruppe zur Errichtung moralischer Schönheit, politischer Poesie und menschlicher Großgesinntheit“ nennt, haben zwar deutschlandweit zum Bau symbolischer Gräber animiert – für die Reichstagsgräber werden sie dennoch schwer zu belangen sein. Offiziell hatten die Organisatoren die Demo nach der Stürmung der eingezäunten Wiese für beendet erklärt.

DJ

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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