Museum Reinickendorf zeigt Fotos und Exponate von den ersten Begegnungen zwischen Ost und West
Grenzöffnung als Abenteuer

Am 3. März 1990 wurde der Grenzstreifen zwischen Hermsdorf und Glienicke geöffnet.  | Foto: Koischwitz / Museum Reinickendorf
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  • Am 3. März 1990 wurde der Grenzstreifen zwischen Hermsdorf und Glienicke geöffnet.
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Das Museum Reinickendorf zeigt noch bis zum 17. November eine Ausstellung über den Alltag im geteilten Berlin.

Ein wenig klingt es wie eine Expedition in eine fremde Welt. Am 22. Februar 1990 wandte sich die Leitung der Grundschule am Fließtal, mit einem Brief an Eltern und Schüler. Sie bereitete sie vor auf die Eröffnung des „Hermsdorfer Übergangs in die DDR“ am 3. März 1990, der auf dem Gelände der Glienicker Karl-Neuhof-Schule gefeiert werden sollte.

Zur Feier des besonderen Tages hatten alle Hermsdorfer Schüler schulfrei, und nicht zuletzt deswegen warnt die Schulleitung vor großem Gedränge auf der geöffneten Grenze. Wahrscheinlich könnten nicht komplette Klassen über die Grenze gehen, und Fahrräder und Kinderwagen sollten ohnehin nicht mitgenommen werden.

Auch wenn die Organisatoren des Festes die Hermsdorfer Schüler mit einem Plan von Glienicke und Schildow ausstatteten, wollten sie auf Nummer sicher gehen. An der Glienicker Kirche wurde ein Sammelplatz mittels des Fließtaler Schulwappens eingerichtet, an dem jeweils zur vollen Stunde Lehrer der Fließtalschule vorbeischauten. „Verloren gegangene“ Kinder wurden dort eingesammelt und zur Karl-Neuhof-Schule gebracht.

Der Brief der Schule ist eines der Exponate, die zeigen, dass die Welt in Berlin und Reinickendorf vor 30 Jahren noch ganz anders aussah als heute. Wer täglich auf den Straßen in Hermsdorf, Heiligensee oder Frohnau die Pendlerströme zwischen Berlin und Brandenburg sieht, kann sich kaum noch vorstellen, dass die Welt an der heutigen Landesgrenze damals fast zu Ende war, von beiden Seiten aus gesehen. Auch nach der Maueröffnung 1989 hatte ein Wechsel in den jeweils anderen Staat zunächst noch immer viel von einem Abenteuer.

Die Ausstellung „Reinickendorfer Perspektiven zwischen Ost und West“ im Museum Reinickendorf zeigt sowohl das brutal Trennende wie auch das vorsichtige aufeinander Zugehen. Fotos aus den Beständen der Stasi-Unterlagenbehörde zeigen aus Ost-Berliner oder DDR-Perspektive West-Berlin als eine entfernte fremde Stadt, deren Erreichen schon am breiten Todesstreifen an der Mauer scheitert. Andere Fotos dokumentieren bei den Grenzöffnungen, wie Menschen sich wieder begegnen, die dies nie für möglich gehalten haben.

Reinickendorf, zum damaligen französischen Sektor der Stadt Berlin gehörend, grenzte östlich an den Ost-Berliner Stadtbezirk Pankow und nördlich an den damaligen DDR-Bezirk Potsdam und wies im Vergleich der West-Berliner Bezirke eine verhältnismäßig lange Mauerstrecke auf. Neben dramatischen Fluchttunnelbauten in den ersten Jahren nach dem Bau der Mauer und den Besonderheiten des Alltags im »Entenschnabel«, einer schmalen Ausstülpung des Mauerverlaufs auf dem Gelände der Brandenburger Gemeinde Glienicke/Nordbahn, werden in der Ausstellung vor allem trennende und verbindende Einzelgeschichten in den Mittelpunkt gerückt.

Die Ausstellung der Reinickendorfer Perspektiven ist noch bis zum 17. November täglich außer sonnabends von 9 bis 17 Uhr im Museum Reinickendorf, Alt-Hermsdorf 35, bei freiem Eintritt zu sehen.

Am 3. März 1990 wurde der Grenzstreifen zwischen Hermsdorf und Glienicke geöffnet.  | Foto: Koischwitz / Museum Reinickendorf
Vor dem Mauerfall konnten sich DDR-Besucher mit Tipps aus Ost wie West eindecken. | Foto: Christian Schindler
Autor:

Christian Schindler aus Reinickendorf

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