Ausstellungen und Gespräche im Zentrum für Demokratie

Das Zentrum für Demokratie wurde als Gegengewicht gegen NPD-Präsenz eingerichtet. | Foto: RD
  • Das Zentrum für Demokratie wurde als Gegengewicht gegen NPD-Präsenz eingerichtet.
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Niederschöneweide. Michael-Brückner-Straße 1. Viele Menschen im Bezirk kennen unter dieser Adresse vor allem das Bürgeramt. In einem Anbau gibt es allerdings noch eine berlinweit einmalige Einrichtung: das Zentrum für Demokratie.

Am Donnerstag haben sich rund 15 Leute im Veranstaltungssaal des unscheinbaren Flachbaus versammelt. Das Thema des Vortrags ist "Antisemitismus in der DDR". Jan Riebe von der Amadeu-Antonio-Stiftung erläutert, an welchen Aspekten in der DDR Antisemitismus festgemacht werden kann. Der Referent belegt das unter anderem am Beispiel des SED-Funktionärs Paul Merker (1894-1969). Der wurde 1955 von einem DDR-Gericht als "zionistischer Agent" zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt, weil er Entschädigungen für enteignetes jüdisches Vermögen gefordert hatte.Der Vortrag gehört zum Begleitprogramm der Ausstellung "Bruderland ist abgebrannt", die den Einsatz der Vertragsarbeiter in DDR-Betrieben thematisiert. Bei deren Eröffnung vor einigen Wochen war es zum Eklat gekommen, weil anwesende frühere SED-Funktionäre die Ausstellung als Angriff auf die DDR sahen. "Das war das erste Mal, dass wir aus dem linken Spektrum angegriffen wurden", erzählt Kati Becker. Sie leitet mit ihrem Kollegen Yves Müller das Zentrum für Demokratie. Dabei ist die Ausstellung durch Zeitzeugenberichte, unter anderem vietnamesischer und angolanischer Vertragsarbeiter, legitimiert.

Normalerweise kommt die Kritik eher aus dem im Bezirk leider gut vertretenen rechten Spektrum, und das geht bis zu Hetzkampagnen gegen die Mitarbeiter und Angriffen auf das Gebäude. Seit der Eröffnung im Herbst 2010 hat es fünf Sachbeschädigungen gegeben. Seitdem schützen starke Scherengitter die Räume und wer zu Veranstaltungen und Ausstellungen Einlass begehrt, muss klingeln.

Eingerichtet wurde das Zentrum für Demokratie in Umsetzung eines BVV-Beschlusses von 2003. Damit reagierte der Bezirk, der auch die Sach- und Personalkosten trägt, auf die Ansiedlung der NPD-Bundeszentrale nebst rechtsextremem Schulungszentrum. "Unsere Aufgabe ist die politische Bildungsarbeit im Sinne der Demokratie", sagt Kati Becker. Seit 2009 ist der Verein Offensiv 91 Träger des Zentrums. Pro Jahr gibt es bis zu fünf Ausstellungen, 15 eigene Veranstaltungen und es kommen gut 1000 Besucher. Die Ausstellung "Bruderland ist abgebrannt" ist noch bis 3. November in der Michael-Brückner-Straße 1 zu sehen, montags bis donnerstags von 11 bis 16 Uhr, Auskünfte unter 65 48 72 93. Die letzte Podiumsdiskussion dazu findet am 31. Oktober ab 19 Uhr ausnahmsweise im Industriesalon, Reinbeckstraße 9, statt. Gregor Gysi (Bundestagsabgeordneter), Andrej Hermlin (Bandleader) und Wolfgang Wippermann (Historiker) diskutieren über "Mythos Antifaschismus - die DDR und ihr verordnetes Erbe".

Ralf Drescher / RD
Autor:

Ralf Drescher aus Lichtenberg

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