Dieses Haus steckt voller Geschichten

Das denkmalgeschützte Mutter-Mochow-Haus an der Potsdamer Chaussee 87. | Foto: Kahle
  • Das denkmalgeschützte Mutter-Mochow-Haus an der Potsdamer Chaussee 87.
  • Foto: Kahle
  • hochgeladen von Michael Kahle

Nikolassee. In der Berliner Denkmalliste wird das Haus Potsdamer Chaussee 87 heute als Gasthaus von Mutter Mochow bezeichnet. Es wurde 1896 von Maurermeister Hermann Polkow erbaut.

Ursprünglich stand an dieser Stelle, am nördlichen Rand des heutigen Yehudi-Menuhin-Parks ein so genanntes Chausseehaus. Das waren Mautstationen. Sie wurden Ende des 18. Jahrhunderts errichtet, um mit ihren Einnahmen den Bau befestigter Straßen in Preußen zu refinanzieren und in gutem Zustand zu halten. 1875 wurden in Preußen die staatlichen Chausseegebühren abgeschafft. Die Chausseehäuser verloren ihre Bedeutung. Sie wurden abgerissen oder zweckentfremdet.

Bereits seit 1796 gab es an der Potsdamer Chaussee 87 eine Gaststätte mit Übernachtungsmöglichkeit für Kutscher und mit Ställen für die Pferde. Albert Mochow kaufte 1877 die Wirtschaft, die damals „Neu-Zehlendorf“ hieß. Drei Jahre danach starb er. Anna (1847 – 1927) stand alleine da. Sie war die erste „Mutter Mochow“. Und sie war sicher froh, als ihr Sohn Albert eine Frau heiratete, die ins Haus passte.

Auch diese hieß Anna und war eine ebenso leidenschaftliche und beliebte Wirtin. 1907 übernahmen die jungen Leute die Kneipe. Aus den Kutschern wurden zunehmend Fernfahrer, die nun bei der jüngeren Mutter Mochow (1877 – 1952) „Schrippe lackiert mit einer Bohne mehr“, sprich ein Frühstücksgedeck aus Butterbrötchen und einer Tasse Kaffee, einnahmen, eine Potsdamer Stange Bier tranken oder die legendäre Erbsensuppe schlürften.

1930 wurde die benachbarte Tankstelle Potsdamer Straße/Ecke Lindenthaler Allee sogar Kulisse für den bekannten Ufa-Film „Die Drei von der Tankstelle“ mit Willy Fritsch, Oskar Karlweis, Heinz Rühmann und Lilian Harvey in der weiblichen Hauptrolle.

Der Ausbau der Potsdamer Chaussee und die Planung einer Reichskriegsakademie auf dem Gelände des Gutes Düppel bedeuteten 1940 schließlich das Ende des Gaststättenbetriebs.

Von 1946 bis 1948 gehörte die ehemalige Gaststätte zum so genannten Düppel-Center der US-Armee. Es war ein Durchgangslager für Überlebende der Holocausts aus Osteuropa. Diese Menschen sahen ihre Zukunft in Palästina, in den USA und anderswo. Für Zehntausende war das Düppel-Center ein Ort der Hoffnung und des Neubeginns.

Das Mutter-Mochow-Haus beherbergte in dieser Zeit unter anderem die Verwaltung des Lagers, von dem es heute keine baulichen Zeugnisse mehr gibt. Seit 2012 erinnern eine Berliner Gedenktafel an der Hausfassade und eine Infotafel an der benachbarten Bus-Haltestelle an diesen Abschnitt deutscher Nachkriegsgeschichte.

Bereits 2010 wurde das Mutter-Mochow-Haus denkmalgerecht saniert. Es beherbergt derzeit das „Zentrum für kulturelle Bildung und chinesische Kampfkünste“. Heute erinnert neben dem Mutter-Mochow-Haus der Mutter-Mochow-Weg zwischen Rohrgarten und Potsdamer Chaussee noch an die beiden Mütter Mochow, die auf dem Kirchhof von Nikolassee ihre letzte Ruhe fanden. m.k.

Autor:

Michael Kahle aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 131× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 116× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 192× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 579× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.