Warten auf Papiere, Essen und Taschengeld: Alltag für Flüchtlinge in der Eventarena

Blick in eine unbewohnte „Wabe“: Angela Murray zeigt Frank Bewig und Gudrun Widders den Wohnbereich. | Foto: Ulrike Kiefert
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Siemensstadt. Die Eventarena an der Paulsternstraße 20 gehört zu den größeren Unterkünften im Bezirk. Rund 570 Flüchtlinge leben hier, die sich im Alltag zurecht finden müssen.

Mannshohe Sichtschutzwände trennen die Notunterkunft vom Parkplatz des Supermarktes gleich nebenan. Rechts hinter der Absperrung liegt das Westerndorf „Old Texas Town“. Die nächsten Wohnhäuser sind weit entfernt. Vor dem Eingang des riegelförmigen Gebäudes sitzt eine Gruppe Syrer im Schatten. Drinnen in der Unterkunft ist seit 13 Uhr die Küchenausgabe geöffnet. Geduldig stellen sich die Bewohner in einer Reihe an. Einer nach dem anderen erhält seine Portion.

„Eine enorme logistische Herausforderung“, wie Angela Murray sagt. Sie ist die Leiterin der Notunterkunft, die von der Tamaja Berlin GmbH betrieben wird. Tamaja genießt als Träger von Berlins größter Flüchtlingsunterkunft im ehemaligen Flughafen Tempelhof einen guten Ruf. „Unsere Mitarbeiter bemühen sich täglich, den Bewohnern den Alltag so angenehm wie möglich zu gestalten“, sagt Murray. Davon konnten sich unlängst Frank Bewig (CDU), Stadtrat für Soziales und Gesundheit, und Amtsärztin Gudrun Widders überzeugen. Grund ihres Besuchs war der „MedPoint“, der bald im Haus eröffnen soll. Die medizinischen Behandlungsräume sind schon provisorisch eingerichtet. Drei Mal pro Woche werden dort Sanitäter der DRK-Klinik Westend für jeweils fünf Stunden Sprechstunden anbieten und bei Bedarf behandeln. „Jede Unterkunft, die einen solchen MedPoint hat, kann sich glücklich schätzen“, sagt Murray. Echte Notfälle gab es glücklicherweise bisher nur wenige. Ein Mal hatte sich ein Kind verbrüht und eine Hochschwangere musste in die Klinik. Öfter im Haus ist das Gesundheitsamt mit einem Impfteam. „Wir überprüfen die Impfausweise der Bewohner und impfen bei Bedarf nach“, informiert Amtsleiterin Gudrun Widders.

In der Eventarena leben überwiegend Frauen, Kinder und Ältere, die schutzbedürftig sind. 350 Plätze gibt es für Familien und 180 Plätze für alleinreisende Männer. Die Flüchtlinge kommen aus Moldawien, dem Iran, Irak, Afghanistan und Somalia. Gesetzlich sollten sie nur wenige Wochen in der Notunterkunft bleiben. Die meisten sind jedoch schon Monate hier. Sie schlafen in sogenannten „Waben“. Das sind Wohnbereiche aus Stellwänden für maximal zwölf Personen. Wegen des Brandschutzes haben sie Vorhänge statt Türen. Viel Privatsphäre bleibt da nicht. Allein gereiste Frauen wohnen in kleineren Schlafräumen mit einem separaten Kinderbereich. Für alle Bewohner gibt es Duschen, Toiletten, einen Wäscheservice, eine Kleiderkammer, Aufenthaltsräume und eine Ladestation für Handys. Denn das Telefon ist für die Flüchtlinge oft die einzige Verbindung zur Heimat.

Vier Willkommensklassen entstehen

Oben im ersten Stock der Notunterkunft vergessen die Kleinsten beim Malen, Spielen und Singen die Strapazen ihrer Flucht. Zwei Kinderbetreuer kümmern sich in einer Art Kindergarten um sie. Insgesamt wohnen im Haus rund 135 Mädchen und Jungen, darunter 60 im schulpflichtigen Alter. Ob und wo sie zur Schule gehen können, war längere Zeit nicht klar, weil in Siemensstadt freie Schulplätze fehlen. Spätestens nach den Sommerferien können sie nun aber die Linden-Grundschule besuchen. Angela Murray ist erleichtert. „Dort werden extra für unsere Kinder vier Willkommensklassen eröffnet.“

Wieland Klaproth arbeitet als Sozialbetreuer in der Unterkunft. Zu ihm und seiner Kollegin kommen die Flüchtlinge, wenn sie das Zimmer wechseln wollen, neue Bettwäsche brauchen, Fragen zum Asylantrag haben oder nicht wissen, zu welcher Behörde sie als nächstes müssen. Bei über 500 Menschen im Haus fallen täglich viele individuelle Wünsche an. Für Neuankömmlinge ist der Infopoint gleich am Eingang der Unterkunft die erste Anlaufstelle. „Wo kommen die Menschen her, und wie bringen wir das weitere Verfahren in die Gänge“, erklärt Angela Murray das Anliegen dort. Dann müssen die Bewohner erst einmal warten. Warten, bevor es weitergeht, warten auf Papiere, auf Essen oder ein Taschengeld. „Alles in allem läuft das Miteinander sehr friedlich ab“, sagt die Leiterin.

Wer helfen will, kann der Notunterkunft Kleider für den Sommer spenden. Auch Babysachen, Nuckelflaschen und Kinderbadewannen werden gebraucht. Ehrenamtliche für Deutschkurse und Dolmetscher sucht die Einrichtung ebenfalls noch händeringend.uk

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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