Erinnerung an Georges Guynemer: Französischer Jagdflieger fast vergessen

Buchautor Joachim Castan bei der Präsentation seines Buches vor einem Nachbau des Richthofen-Dreideckers im Militärhistorischen Museum Flugplatz Gatow. | Foto: Christian Schindler
  • Buchautor Joachim Castan bei der Präsentation seines Buches vor einem Nachbau des Richthofen-Dreideckers im Militärhistorischen Museum Flugplatz Gatow.
  • Foto: Christian Schindler
  • hochgeladen von Christian Schindler

Tegel. Eine Neuerscheinung zum deutschen Weltkriegsflieger Manfred von Richthofen informiert nebenbei über den Namensgeber der Cité Guynemer, ein französisches Fliegerass des Ersten Weltkriegs.

Unsicher ist die Zukunft, und auch über die Vergangenheit ist nicht alles bekannt. Als Reinickendorf noch zum französischen Sektor Berlins gehörte, war auch die Cité Guynemer ein selbstverständlicher Teil des Berliner Nordbezirks. Die französische Schutzmacht hatte zwischen Seidelstraße und Flughafensee, dicht am Flughafen Tegel, mehr als 200 Wohnungen für französische Soldaten errichtet. Namensgeber der kleinen Siedlung war Georges Guynemer, ein französischer Jagdflieger des Ersten Weltkriegs, von dem außer seinen Lebensdaten nicht allzu viel bekannt ist.

Die Ungewissheit teilt der Flieger mit der nach ihm benannten Siedlung. Wer hier wohnt, hat recht oft prominenten Kurzbesuch. Wann immer ein Mitglied der Bundesregierung deren Flugbereitschaft nutzt, gelangt es durch die Cité Guynemer zum Flieger oder von dort zurück. Ob damit 2018 Schluss ist oder nicht, ist noch so ungewiss wie die Zukunft der Siedlung.

Erst ausgemustert, später als Held gefeiert

Von Georges Guynemer ist bekannt, dass er am Heiligen Abend des Jahres 1894 in einer wohlhabenden Familie aus Compiègne zur Welt kam. Er war offenbar ein kränkliches Kind, und wurde auch als Jugendlicher zunächst vom Militärdienst zurückgestellt. 1914 ereilte ihn dann doch der Ruf zu den Waffen. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde Guynemer Mechaniker bei den französischen Luftstreitkräften.

Ein Jahr später war der ehrgeizige junge Mann Pilot. Er flog englische und französische Jagdflugzeuge, wurde 1917 Geschwaderkommandant. Im Juli 1917 erreichte er als erster Franzose den „Rekord“ von 50 Abschüssen. Bald darauf traf es ihn selbst. Am 11. September 1917 wurde er bei einem Einsatz in Westflandern getötet. Er soll sich von seinen Flügelmännern getrennt und ein deutsches Beobachtungsflugzeug angegriffen haben. Nach deutschen Berichten wurde er von dem deutschen Leutnant Kurt Wissemann abgeschossen. Was mit seinem Leichnam geschah, wurde nie eindeutig geklärt. In Frankreich sorgte der Tod des zuvor von der Presse gefeierten Kampfpiloten für Bestürzung. Schulkindern soll erzählt worden sein, dass Guynemer „so hoch in den Himmel“ geflogen sei, dass er nicht mehr zurückkehren konnte. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde im belgischen Langemark-Poelkapelle eine Säule zu seinen Ehren errichtet, von deren Spitze ein Storch in Richtung der deutschen Linie „fliegt“.

Junge Flieger: rastlos und perfektionistisch

In der jetzt als Taschenbuchausgabe erschienenen Biographie des deutschen Jagdfliegers Manfred von Richthofen setzt sich der Autor Joachim Castan auch mit Guynemer auseinander. Castan hinterfragt den Mythos des „Roten Barons“, als der Richthofen noch heute sowohl in Deutschland wie in England und den USA ein Begriff ist. Dabei setzt er sich auch mit den Strategien auseinander, die die jungen Flieger einsetzten, mit der täglichen Todesgefahr umzugehen. Richthofen war vor seinem Abschuss am 21. April 1918 rastlos unterwegs. Guynemer befasste sich offenbar ununterbrochen mit der Verbesserung seiner Maschinen, gewissermaßen auf der Suche nach dem „magischen Flugzeug“. Jede Änderung testete er in Paris, trieb die Konstrukteure zu Höchstleistungen an.

Castans Verdienst ist es dabei, mit seiner Recherche die Heldenmythen zu dekonstruieren, ohne die Personen zu diffamieren. Wie schwer dies ist, zeigt der Fall Guynemer: Die Fakten, die Castan schildert, entnimmt er einem Buch über die Psychologie der Jagdflieger aus dem Jahr 1940. CS

Joachim Castan: Der rote Baron – Die ganze Geschichte des Manfred von Richthofen. 360 Seiten, Verlag Klett Cotta, Stuttgart, ISBN 978-3-608-94932-2, 12,95 Euro.
Autor:

Christian Schindler aus Reinickendorf

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

13 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 811× gelesen
WirtschaftAnzeige
JRB DER HEIMWERKER hat alles, was Ihr Weihnachtsfest schöner macht. | Foto: JRB DER HEIMWERKER

JRB DER HEIMWERKER
Alles für Advent und Weihnachten

JRB DER HEIMWERKER hat ein stimmungsvolles und umfangreiches Angebot im Weihnachtsmarkt für Sie, liebe Kunden, zusammengestellt. Im EG. und 1. OG, das Sie bequem mit Rolltreppe oder Aufzug erreichen können, erwartet Sie eine große Auswahl an Weihnachtsdekoration. Christbaumkugeln und Spitzen in vielen Farben und Formen sowie viele Deko-Artikel, Figuren sind in großer Auswahl vorhanden. Das wichtigste ist ein guter Weihnachtsbaumständer und natürlich die Beleuchtung. Wir führen Lichterketten,...

  • Köpenick
  • 27.11.24
  • 809× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 504× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 990× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 1.891× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.