Viele Legenden um Ortsnamen
Vor 125 Jahren bekam ein Bäckermeister, die neue Kolonie Wilhelmsruh zu gründen

Sie gehört mit zu den ältesten Gebäuden in Wilhelmsruh: die Lutherkirche an der Ecke Goethe- und Hielscherstraße.  | Foto: Bernd Wähner
2Bilder
  • Sie gehört mit zu den ältesten Gebäuden in Wilhelmsruh: die Lutherkirche an der Ecke Goethe- und Hielscherstraße.
  • Foto: Bernd Wähner
  • hochgeladen von Hendrik Stein

Es ist 125 Jahre her, als dem Bäckermeister Herrmann Günther der Flecken Wilhelmsruh vom Kreis Niederbarnim zur Gründung einer Kolonie übergeben wurde.

Dieses Jubiläum des Ortsteils wird auf Initiative des Bürgervereins „Leben in Wilhelmsruh“ nach den Sommerferien, und zwar am 1. September, groß gefeiert. Während die Vorbereitungen laufen, lohnt sich ein Blick in die Geschichte des im Vergleich zu anderen Pankower Ortsteilen recht jungen Wilhelmsruh.

So ranken sich zum Beispiel um die Entstehung des Namens Wilhelmsruh viele Legenden. Da soll es beispielsweise einen Briefträger gegeben haben, der den weiten Weg von Blankenfelde bis nach Reinickendorf zu Fuß mit schweren Taschen zurücklegen musste. Auf halbem Wege machte er immer Rast und aß etwas. Da er Wilhelm hieß, soll die Kolonie den Namen Wilhelmsruh bekommen haben. Diese Geschichte könnte stimmen, da die spätere Post erst 1903 eröffnete. Eine weitere Legende geht davon aus, dass die Kolonie nach Wilhelm Brude, dem Vorsitzenden der Gartenkolonie „Sperlingslust“, benannt wurde, der dort seine Ruhe haben wollte. Und schließlich gibt es noch die Geschichte, dass die Gaststätte „Seebad Wilhelmsruh“, die sich an der heutigen Tollerstraße 12 befand, dem Ortsteil den Namen gegeben haben soll.

Das alles sind Legenden. Erwiesen ist nur, dass der Bäckermeister Herrmann Günther mit einem Schreiben vom 11. Oktober 1892 den Pankower Amtsvorsteher Gottschalk „ergebenst“ gebeten hatte, die Benennung der Kolonie Wilhelmsruh zu genehmigen. In diesem handschriftlichen Brief ist dieser Name erstmals urkundlich erwähnt. Die Gründung der Kolonie wurde aber erst fast ein Jahr später vom Gemeinderat unter Vorsitz von Carl Nieder beschlossen. Warum Günther den Namen Wilhelmsruh wählte, lässt sich heute nicht mehr eindeutig nachvollziehen.

Fakt ist: Deutschland war zum Zeitpunkt der Beantragung des Namens eine Monarchie unter Kaiser Wilhelm II. Für die ersten Straßen in Wilhelmsruh beantragte Herrmann Günther Namen monarchischen Ursprungs: Kronprinzen- und Prinzenstraße. Vielleicht kam mit dem Namen nur schlicht die positive Gesinnung des Ortsgründers zum Kaiserreich zum Ausdruck.

Vor 125 Jahren jedenfalls wurde dem Bäckermeister Herrmann Günther vom Kreisausschuss Niederbarnim der „Kolonie-Consens“ gegen Quittung übergeben. Mit dem Consens ging er Verpflichtungen zur Gestaltung der Kolonie Wilhelmsruh ein. Darum zählt dieses Dokument auch als Gründungsdokument des Ortsteils.

Wilhelmsruh entwickelte sich dann zunächst zu einem der Villenvororte Berlins. Vor allem die seinerzeit entstandenen Bahnlinien Nordbahn und Heidekrautbahn machten die Gegend attraktiv. Die ersten Häuser wurden noch 1893 errichtet. Um 1900 lebten dort bereits 636 Menschen.

In Wilhelmsruh siedelte sich später auch Industrie an. Vor allem das Unternehmen Bergmann-Borsig ist eng mit dem Ortsteil verbunden. Bis 1920 gehörte Wilhelmsruh zu Rosenthal. 18 Jahre lang war die Siedlung dann Teil von Reinickendorf, ehe sie wieder zurück an Rosenthal ging. Seit 2001 ist Wilhelmsruh ein selbstständiger Ortsteil von Pankow. Inzwischen leben dort fast 8000 Menschen.

Für das Zusammenleben im Ortsteil engagiert sich besonders der Verein „Leben in Wilhelmsruh“, der sich 2004 gründete. Er betreibt auch die Nachbarschaftsbibliothek im Ortsteil. Mehr über diesen Verein sowie über die Festvorbereitung ist auf www.leben-in-wilhelmsruh.de zu erfahren.

Sie gehört mit zu den ältesten Gebäuden in Wilhelmsruh: die Lutherkirche an der Ecke Goethe- und Hielscherstraße.  | Foto: Bernd Wähner
Sie wurde im Oktober 1908 offiziell eingeweiht: die „rote Schule“ an der Schillerstraße gehört zu den historischen Gebäuden aus den Gründerjahren des Ortsteils. | Foto: Bernd Wähner
Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

89 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 250× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 1.008× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 659× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.150× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 2.034× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.