Der Corona-Geschichten-Sammler
Jörg Püschmann will das Vivantes-Personal, Kinder, Eltern und Lehrer zu Wort kommen lassen

Jörg Püschmann kehrte direkt nach der Wende seiner erzgebirgischen Heimat den Rücken und zog nach Berlin. Urspünglich Informationstechniker, arbeitet er seit dreißig Jahren in der Pflege | Foto:  Schilp
  • Jörg Püschmann kehrte direkt nach der Wende seiner erzgebirgischen Heimat den Rücken und zog nach Berlin. Urspünglich Informationstechniker, arbeitet er seit dreißig Jahren in der Pflege
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Jörg Püschmann ist jemand, der die Corona-Krise hautnah erlebt. Er arbeitet im Vivantes-Klinikum Neukölln. Und er ist der Meinung, dass seinen Kolleginnen und Kollegen in diesen harten Zeiten eine Stimme gegeben werden sollte. Deshalb hat er sie aufgerufen, Texte zu schreiben, die er veröffentlichen will.

Eigentlich ist Püschmann stellvertretender Leiter der neurologischen Frührehabilitation. Dort werden Menschen betreut, die sich von einem Schlaganfall erholen. Doch im vergangenen Winter musste seine Station schließen, weil die Mitarbeiter auf der Covid-Intensivstation gebraucht wurden. Rund drei Monate halfen sie dort aus.

Püschmann ist hart im Nehmen, aber einiges ging auch ihm an die Nieren. „Meinen ersten Corona-Toten, ein 1,90-Meter-Mann, musste ich wegen der Infektionsgefahr in einen Sack schieben und drücken, Reißverschluss zu, Decke drüber. Das ist kein würdevoller Tod“, sagt er. Oder die Geschichte mit der infizierten jungen Frau, im achten Monat mit dem vierten Kind schwanger, Notkaiserschnitt. „Wir haben alle um sie und das Baby gekämpft“, so Püschmann. Es ging knapp, aber gut aus.

Es habe keinen Tag gegeben, an dem auf der Intensivstation mit rund 25 Betten niemand gestorben sei. Ob Vorerkrankungen oder nicht, sie alle hätten ohne Covid noch ein paar Jahre zu leben gehabt, sagt Püschman. Impfverweigerung unter dem medizinischen Personal sei kein Thema: „Alle, die einmal hier gearbeitet haben, sagen: Her mit der Spritze!“

Aber nicht nur Ärzte und Pfleger erleben die Auswirkungen von Corona. „Es gibt keine Stelle, die nicht betroffen wäre: die Putzkräfte, die Spezialkleidung und FFP3-Masken tragen müssen, Techniker, der Patientenbegleitservice, einfach alle.“ Deshalb möchte Jörg Püschmann, dass jeder von ihnen die Gelegenheit bekommt, sich seine Erlebnisse und Gefühle von der Seele zu schreiben. Die Pflegedirektorin des Vivantes-Klinikums ist mit im Boot und von dem Vorhaben angetan, die Abteilung Konzernkommunikation hatte den Plan, es gleich auf das gesamte Unternehmen auszudehnen. Aber das will Püschmann nicht. „Wir sind ein Neuköllner Projekt“, sagt er.

Und dieses Projekt hat noch einen zweiten Teil. Denn Jörg Püschmann ist auch Elternvertreter. Sein Sohn geht in die vierte Klasse der Oskar-Heinroth-Grundschule. Auch dort hat er nun die Kinder, Lehrer und Eltern aufgefordert, persönliche Geschichten über die Corona-Zeit zu schreiben. Bis März will er die Texte sammeln, und am Ende sollen zwei Bücher stehen.

Das Ganze ist alles andere als ein Hirngespinst. Denn Püschmann hat in den vergangenen Jahren acht eigene Horror-Fantasy-Mystery-Kurzgeschichten im kleinen Sarturia-Verlag veröffentlicht, der von einem Verein getragen wird und in dem er mitarbeitet. Demnächst soll sein Roman „From the very depth“ (auf Deutsch in etwa: „Aus der tiefsten Tiefe“) erscheinen. Er sitzt also an der Quelle und weiß, wie es geht. Und er verspricht: Jede einzelne Geschichte wird vom Verlagsteam sorgfältig gelesen und auf Fehler durchforstet. Auch Hilfestellungen und Verbesserungsvorschläge seien garantiert, sodass sich jeder auf das Abenteuer Schreiben einlassen könne. Er ist gespannt auf das, was kommt.

Weitere Informationen über den E-Mail-Kontakt joerg.pueschmann@gmx.net.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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