Spitze für die Parochialkirche: Knobelsdorff-Schule schuf Holz-Stahl-Konstruktion
Haselhorst. Im Jahre 1944 traf eine Brandbombe den Turm der Parochialkirche in Mitte, der daraufhin wie eine Fackel in das Kirchenschiff fiel. Dafür, dass der Turmsockel ab kommendem Sommer wieder einen passenden Aufbau trägt, sorgen auch Experten aus der Knobelsdorff-Schule.
Das Skelett ist den Blicken der Öffentlichkeit verborgen. Auch seine nächste große Reise wird es eher anonym auf einem Transporter zurücklegen. Dann wird die 13 Meter hohe Konstruktion aus Holz und Stahl vermutlich im Februar nach Moritzburg bei Dresden gebracht, wo das Meisterwerk aus Haselhorst mit Kupfer verkleidet wird. Irgendwann im Sommer verhilft dann ein Kran der Parochialkirche wieder zu einer Spitze, die der ersten reformierten Kirche Berlins den ehemaligen architektonischen Glanz wiedergibt.
Seit fünf Jahren ist ein Team um den Lehrer und Zimmereimeister Thomas Wellner aus der Knobelsdorff-Schule mit der Sturmspitze befasst. Die Schule an der Nonnendammallee 140 ist das Berliner Oberstufenzentrum Bautechnik I, und hier lässt sich eigentlich jede Frage zum Thema Bauen beantworten. Wenn der Blick in Archive nicht mehr weiterhilft, kombiniert man modernde Technik mit althergebrachtem Wissen und Erfahrung. „Zum Turm der Parochialkirche gibt es keine zeitgenössischen Pläne, wir orientieren uns an Fotos“, sagt Wellner, der erst ein Modell der Kirchsturmspitze anfertigen ließ, bevor es ans Original ging.
In Abstimmung mit Denkmalpflege und Gemeinde entstand eine moderne Holz-Stahlkonstruktion, die nicht nur schön ist, sondern auch ein Glockenspiel aufnehmen kann. Eine Besonderheit ist die konkave Wölbung der horizontalen Balken.
Die Parochialkirche zwischen Kloster- und Parochialstraße ist eine architektonische Besonderheit.
Am 15. August 1695 legte Friedrich III. den Grundstein für das barocke Kirchengebäude, das nach dem Tode des Baumeisters Johann Arnold Nehring von Martin Grünberg vollendet wurde. Die Kirche wurde 1703 eingeweiht, der Turm wurde aber erst 1714 fertig. Ein Glockenspiel mit 37 Bronze-Glocken machte den Turm auch als Singturm bekannt, dessen „Konzerte“ im 20. Jahrhundert auch im Rundfunk übertragen wurden.
Die jetzt noch in der Knobelsdorff-Schule lagernde Spitze wird sogar 52 Glocken erhalten, und im Sommer den dann gut 65 Meter hohen Turm zieren. Die gesamte Turmrestaurierung wird rund 3,5 Millionen Euro kosten, von denen 2,8 Millionen die Lotto-Stiftung Berlin übernimmt. Der Unternehmer Hans Wall, Vorsitzender des Vereins „Denk mal an Berlin“, hat schon 420.000 Euro als Privatspende beigesteuert. CS
Autor:Christian Schindler aus Reinickendorf |
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