Mit dem Rennbahnhof fing es an
Im Februar 1892 ging in Carlshorst der ersten Bahnhof in Betrieb

Im Gebäude des einstigen Rennbahnhofs befindet sich heute ein Biomarkt. | Foto:  Bernd Wähner
3Bilder
  • Im Gebäude des einstigen Rennbahnhofs befindet sich heute ein Biomarkt.
  • Foto: Bernd Wähner
  • hochgeladen von Bernd Wähner

An die Bahnhöfe im Ortsteil erinnert der Karlshorster Günter F. Toepfer im Februar. An einem Brett an seiner Gartentür an der Lehndorffstraße 32 befestigt er jeden Monat eine Übersicht mit Ereignissen aus der Karlshorster Geschichte.

Und so findet sich für den 19. Februar ein Ereignis aus dem Jahr 1892. Seinerzeit machte Oscar Gregorovius dem Königlich-Preußischen Eisenbahnfiskus eine Offerte zur Anlage eines Haltepunkts in Carlshorst, wie der Ort damals hieß. Herablassender Kommentar der Eisenbahnverwaltung: „…und hier sagen sich noch in hundert Jahren die Füchse Gute Nacht“.

Besucherrekord im Jahr 1922

Am 18. Oktober 1893 wurde dann aber doch ein „Entwurf zur Anlage einer Haltestelle für die Rennbahn bei Carlshorst“ vorgelegt. Dieser Kopfbahnhof ging nach nicht einmal siebenmonatiger Bauzeit termingerecht am gleichen Tag wie die Rennbahn, am 9. Mai 1894, in Betrieb. „Der Bahnhof bestand aus Dienstraum, Fahrkartenschalter und dem zu den sechs Gleisen offenen Wartebereich“, berichtet Günter F. Toepfer. „Das später gebaute kleine Häuschen zwischen Bahnhofsgebäude und Treskowallee diente bis in die 1990er-Jahre als Toilettenhäuschen.“

Der einzige noch bestehende Bahnhof im Ortsteil ist der S-Bahnhof Karlshorst. | Foto: Bernd Wähner
  • Der einzige noch bestehende Bahnhof im Ortsteil ist der S-Bahnhof Karlshorst.
  • Foto: Bernd Wähner
  • hochgeladen von Bernd Wähner

Vorausgegangen war die kostenlose Überlassung von 30 000 Quadratmetern Land an den Eisenbahnfiskus durch Baumeister Gregorovius. Außerdem verlangte die KED (Königliche Eisenbahndirektion) einen Jahresumsatz von mindestens 2000 Mark, was bereits im ersten Jahr schnell erreicht wurde. Einen Besucherrekord konnte der Bahnhof übrigens am 17. April 1922 verzeichnen, als 50 000 Rennbahngäste die Eisenbahn benutzten.

Ab 1928 wurde der Rennbahnhof für den Personenverkehr nicht mehr genutzt. Er verlor an Bedeutung und wurde erst 1945 militärischer Güterbahnhof der sowjetischen Alliierten, unter anderem für den Abtransport von Reparationsgütern, so Toepfer. Später nutzte die Bahn den einstigen Rennbahnhof dann einige Jahre als Starkstrommeisterei und Lager. Heute befindet sich ein Biomarkt im Gebäude.

Diese Gedenktafel am Biomarkt erinnert daran, dass sich hier einst der Rennbahnhof befand. | Foto: Bernd Wähner
  • Diese Gedenktafel am Biomarkt erinnert daran, dass sich hier einst der Rennbahnhof befand.
  • Foto: Bernd Wähner
  • hochgeladen von Bernd Wähner

Weiterer Mosaikstein der Bahnhofsgeschichte: Am 1. Mai 1895 ging ein Vorläufer des heutigen S-Bahnhofs in Betrieb. Dieser Haltepunkt „für den Personen- und Gepäckverkehr“ erwies sich für das steigende Verkehrsaufkommen schnell als nicht ausreichend und wurde durch den heutigen S-Bahnhof – von 1899 bis 1902 gebaut und 1915 geringfügig erweitert – ersetzt.

Haltepunkt für den Sputnik

Die bis dahin die Treskowallee sperrende Bahnschranke wurde 1901 durch die Anlage des Bahndamms und die Hochlage der S-Bahn entbehrlich. Dazu wurden 57 000 Kubikmeter Sand von den Krähenbergen, aus dem Bereich Dorotheastraße, Junker-Jörg-Straße und Riastraße antransportiert. Der Zugang zum S-Bahnsteig erfolgte durch das Rundbogenportal aus gelbem Sandstein an der Treskowallee.

Der spätere Regionalbahnhof Karlshorst wurde eher aus der Not heraus geboren und war mehr ein Provisorium als ein „richtiger“ Bahnhof. Der Ostbahnhof (ehemals Schlesischer Bahnhof) war mit dem Fahrplanwechsel am 18. Mai 1952 für viele Züge zum Endbahnhof geworden. Dessen ungeachtet wurde er zum Hauptbahnhof im sowjetischen Sektor. Eine Entlastung musste geschaffen werden. Die Deutsche Reichsbahn plante zunächst mit dem alten Rennbahnhof Karlshorst. Von ihm aus sollten Züge in alle Richtungen abgehen und ankommen. Ein Neubau sollte auch den bestehenden S-Bahnhof einbeziehen. Der Bau der Berliner Mauer 1961 warf diese Baupläne allerdings über den Haufen. Innerhalb von einem Monat wurde in Karlshorst ein provisorischer Bahnsteig eingerichtet, ein Haltepunkt für den sogenannten Sputnik, der Ostberlin und Westberlin nach Potsdam umkreiste. Daraus wurde der Regionalbahnhof.

Aus der U-Bahn wurde nichts

Neben den oberirdischen Bahnhöfen sollte es sogar einmal einen U-Bahnhof geben. Im kriegszerstörten Berlin gab es die Erinnerung an einen Plan aus Vorkriegszeiten, dem zufolge die damalige Linie E von Friedrichsfelde nach Karlshorst weitergeführt werden sollte. Bereits 1939 plante man einen U-Bahnhof Treskowallee. In Planunterlagen vom Januar 1977 für U-Bahnerweiterungen sollten über die mittlerweile erfolgte Verlängerung über die Station Tierpark hinaus weitere drei Stationen gebaut werde: Herrmann-Duncker-Straße (heute Treskowallee), S-Bahnhof Karlshorst und Oberschöneweide (vermutlich am Königsplatz). Doch aus diesen Planungen wurde nichts.

Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

83 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Spezialitätenrestaurant "Yummy Kitchen" in der Zossener Straße ist imer einen Besuch wert.
6 Bilder

Yummy Kitchen
Köstlichkeiten aus der südindischen und sri-lankischen Küche

Seit 2021 existiert das Spezialitätenrestaurant "Yummy Kitchen" im angesagten Kreuzberger Kiez und lädt Liebhaber der südindischen und sri-lankischen Küche zum ausgiebigen Schlemmen und Genießen ein. So wundert es nicht, dass sich die Location, die über Innenplätze auf zwei Ebenen sowie einen gemütlichen Außenbereich verfügt, zu einem geschätzten Treffpunkt gemausert hat, der zahlreiche Berliner Stammgäste, aber auch Touristen aus dem In- und Ausland regelmäßig begrüßt. Verkehrsgünstig und...

  • Kreuzberg
  • 26.04.24
  • 266× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 334× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 327× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüftschmerzen beeinträchtigen Ihr Leben? Lassen Sie sich nicht länger quälen! | Foto: milangucic@gmail.com

Schonende OP-Methode
Patienteninfo: Wenn die Hüfte schmerzt

Hüftschmerzen beeinträchtigen Ihr Leben? Lassen Sie sich nicht länger quälen! Entdecken Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüftschmerzen auf unserem Infoabend. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, führt Sie durch die modernsten Methoden bei Hüftoperationen. Erfahren Sie, wie die schonende AMIS-Methode eine minimalinvasive Implantation von Hüftprothesen ermöglicht und die Fast-Track-Behandlung eine rasche...

  • Hermsdorf
  • 26.04.24
  • 179× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 380× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 705× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.