Im Lindenhof lernen Kinder nicht nur Stein zu formen

Nikolassee. Kinder mit Konzentrationsschwierigkeiten üben im Lindenhof jetzt den Umgang mit Steinmetzwerkzeugen. In der "temporären Lerngruppe" lernen Jungen, nicht nur Steine zu formen, sondern auch sich selbst.

Tyler schaut durch seine große Schutzbrille auf den Kalkstein, der vor ihm auf der Werkbank liegt. Noch ist es nicht zu erkennen, doch der runde Stein in Tortengestalt soll mal eine Sonne darstellen. Mit dem Knüpfel haut der Zehnjährige auf das Spitzeisen, um die Sonnenstrahlen zu formen. "Talente erkennt man auf den ersten Schlag", sagt Ulrich Grauel. Der 63-jährige Steinmetzmeister, der schon einige Workshops mit Laien gemacht hat, arbeitet gern mit Kindern. Außer ihm betreuen drei weitere Erwachsene die drei Jungen, die heute gekommen sind. Der vierte nutzt die Ferien, um mit den Eltern zu verreisen. Sein Rohstein wird wohl nicht mehr fertig werden.Die Ablenkung ist groß. Die Jungen wollen Aufmerksamkeit und Zuwendung - Dinge, die ihnen normalerweise fehlen, sagt Klaus Troitzsch, der pädagogische Leiter der Sozialarbeit & Segeln (S&S) gGmbH. Es handelt sich oft um Kinder, die im Unterricht auffielen und dann "nicht mehr beschulbar" seien, Kinder aus Elternhäusern, die mit den Besonderheiten der Kinder überfordert sind. Troitzsch spricht von "emotionalen Auffälligkeiten" der Betroffenen, Kindern mit Ängsten. Manche sind bereits im ersten Lebensjahrzehnt in psychiatrischer Behandlung.

Der neunjährige Florian hat sich für ein Gesicht entschieden, das er in den Naturstein hauen will. Immer wieder schiebt er sich ins Bild, wenn andere fotografiert werden. Grauel gelingt es schließlich, dass Florian sich ganz auf seine Skulptur konzentriert, die einer Eule ähnelt. Das wichtigste für diese Kinder sei, sagt Sozialpädagogin Katja-Friederike Loran, "etwas anzufangen, das sie auch beenden." Nach einer Stunde ist erst mal Pause, dann dürfen die Jungen eine Viertelstunde Ball spielen und toben. Im "teilstationären Angebot" des Lindenhofs werden die Jungen in den Ferien von 9 bis 16 Uhr betreut.

Tyler und Florian sind mit ihren Figuren gut vorangekommen. Vielleicht wird eines der Kinder mal Steinmetz, ein typischer Männerberuf, meint Grauel. Aber das ist hier zweitrangig. "Der Weg ist das Ziel", so der Meister, dessen Vorfahren seit Generationen Steinmetzen sind: "Wir fordern das Durchhaltevermögen der Kinder heraus." Der einwöchige Workshop war ein Experiment, pro Kind ein Betreuer. Am Ende merken die Jungen, dass sich Mühe lohnt.

Martinus Schmidt / mst

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Lokalredaktion aus Mitte

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