Im ersten Jahr noch schmucklos
Um die Figuren am Treptower Rathaus wurde vor 110 Jahren gestritten

Das Rathaus wurde 1910 eingeweiht, der Fassadenschmuck erst ein Jahr später angebracht. | Foto: Ralf Drescher
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Das Treptower Rathaus wirkt viel weniger alt als sein Köpenicker Pendant. Dabei ist der 1910 eingeweihte Bau an der Neuen Krugallee nur fünf Jahre jünger.

In der Landgemeinde Treptow wollte man einen modernen Bau haben, nicht die märkische Backsteingotik der Köpenicker Nachbarn. Dafür setzten die Treptower auf Außenschmuck.

Blickfang ist der Rathausturm, der neben heute einer Turmuhr auch mehrere Basisstationen für den Mobilfunk trägt. Die Strahler sind jedoch dunkel gestrichen und im Hintergrund angebracht, damit sie mit dem Denkmalschutz vereinbar sind.

Mit den vier Plastiken auf der Vorhalle taten sich die Treptower am Anfang schwer. Die Bildhauerarbeiten für das Rathaus wurden in drei Losen ausgeschrieben. Zur Herstellung der vier "Bürgertugenden" waren vier Bildhauer aus Grunewald, Charlottenburg, Gera und Hamburg aufgefordert worden, Angebote abzugeben. Dafür sollte die jeweilige künstlerische Auffassung in Skizzen dokumentiert werden. Dann kam es zu Verzögerungen. Im Mai 1910 war immer noch keiner der Bildhauer beauftragt worden. Steinmetzmeister Schilling, der für die Fassade verantwortlich war, mahnte bereits. Im Sommer 1910 lagen die Angebote der Bildhauer vor. Sie machten Kosten von 4000 bis 12 000 Mark für alle vier Figuren geltend.

Im Oktober wählte die Baukommission schließlich den Hamburger Bildhauer Johann Bossard aus. Daraufhin brach ein Streit mit Georg Süßenguth (1862-1947), einem der beiden Rathausarchitekten aus. Der hielt den Hamburger Künstler fachlich für nicht geeignet und beschwerte sich beim Bürgermeister. Der setzt sich jedoch durch, Bossard fertigt die Figuren „Stärke“, „Gerechtigkeit“, Fleiß“ und „Weisheit“ aus Muschelkalk und meldet am 8. Oktober 1911 die Fertigstellung. Als Honorar wurden 8200 Mark geltend gemacht.

Dass das Treptower Rathaus als Kulisse gefragt ist, beweisen die Fahrzeuge der Filmgesellschaften, die immer wieder mal in der Neuen Krugallee zu sehen sind. Erst kürzlich waren das Rathaus und der Ratssaal in einer Folge von Polizeiruf 110 mit dem Titel „Tod einer Journalistin“ im rbb zu sehen – allerdings als Stettiner Amtsgericht. Und erst Mitte Januar wurde für die Serie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ gedreht, und auch hier diente der eichengetäfelte Ratssaal als Gerichtssaal.

Autor:

Ralf Drescher aus Lichtenberg

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