Neue Brandanschläge im Süden: Aktualisierte Fassung
In der Nacht vom 31. Januar zum 1. Februar hat es zwei Brandanschläge in Britz und Rudow gegeben. Betroffen sind der Buchhändler Heinz Ostermann und der Linken-Politiker Ferat Kocak. Wieder brannten Autos, wieder werden die Täter in der rechten Szene vermutet.
Heinz Ostermann wurde gegen 3 Uhr von einem Anruf der Polizei geweckt. Sein Peugeot, den er in der Karl-Elsasser-Straße in Britz geparkt hatte, sei angezündet worden. Für den Eigentümer der Rudower Buchhandlung „Leporello“ bereits der dritte Anschlag.
Zum ersten Mal traf es ihn im Dezember 2016. Damals demolierten Unbekannte das Schaufenster seines Buchladens. Wenige Wochen darauf stand sein Auto in Flammen. Nur einer Spendenaktion war es zu verdanken, dass er sich einen neuen Gebrauchtwagen anschaffen konnte. Auch der ist nun komplett zerstört.
Dass die Täter aus der rechten Szene kommen, steht nicht nur für den 60-Jährigen fest. Denn in den vergangenen Monaten und Jahren hat es immer wieder Attacken gegen politisch engagierte Menschen im Süden des Bezirks gegeben. Ostermann ist den Neo-Nazis offensichtlich ein Dorn im Auge, weil er zum Netzwerk „Neuköllner Buchhändler gegen Rechtspopulismus und Rassismus“ gehört, das sich 2016 gegründet hat. In seinem Laden gab es bereits einige Veranstaltungen, die sich insbesondere gegen die AfD und ihre Politik richteten.
Auch Ferat Kocaks Auto brannte völlig aus. Es stand unter einem Carport, direkt neben seinem Rudower Wohnhaus. „Ich schlief drei Meter vom Brand entfernt und wurde zum Glück vom hellen Feuer wach, so dass ich meine Eltern ins Freie geleiten konnte. Das war versuchter Mord und ein Anschlag auf die Vielfalt und Demokratie“, so der 38-Jährige. Lucia Schnell und Moritz Wittler, Sprecher des Bezirksverbands der Linken sagen: „Der Täterkreis ist seit Monaten bekannt und trotzdem fühlen sich die Nazis so sicher, dass sie immer neue Anschläge begehen. Stattdessen wird von der Polizei nach der Herkunft der betroffenen Familie gefragt.“
Solidaritätsbekundungen mit den Opfern gibt es auch von den Grünen und der SPD. Das Unverständnis darüber, dass die Polizei bisher keinen Täter dingfest machen konnte, ist groß – besonders weil die Spezialgruppe „Rechte Straftaten in Neukölln“ (RESIN) Anfang 2017 ihre Arbeit aufgenommen hat. Linke und Grüne fordern nun ein Eingreifen des Innensenators.
„Solange niemand gefasst wird, können derartige Anschläge jederzeit wieder passieren“, meint auch Heinz Ostermann. Er glaubt, dass die Täter nicht planmäßig, sondern „nach Gutdünken spontan loslegen“ und geht davon aus, dass sich sein Name - neben anderen - auf einer Liste befindet, die in der Neo-Nazi-Szene die Runde macht. „Ich sehe auf jeden Fall keinen Grund, mich an irgendeiner Stelle anders zu verhalten“, so der Buchhändler.
Am Freitag Abend sind vier Wohnungen von knapp 60 Polizeibeamten nach richterlicher Anordnung durchsucht worden. Die Ermittlungen richten sich derzeit gegen zwei Tatverdächtige im Alter von 32 und 35 Jahren, die der rechten Szene in Neukölln angehören. Laptops, Speicherkarten, eine Kamera, Handys und schriftliche Unterlagen wurden beschlagnahmt. Diese werden nun ausgewertet. Am Sonnabend demonstrierten mehrere Hundert Menschen vor dem Rathaus Neukölln gegen Rechtsradikale im Bezirk.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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