Heimwegtelefon: Ehrenamtliche begleiten Nachtschwärmer nach Hause
Alt-Treptow. Wer in der Nacht allein unterwegs ist, den kann ganz schnell ein mulmiges Gefühl beschleichen. Das Heimwegtelefon bietet Abhilfe. Ehrenamtliche Helfer begleiten die Anrufer unter 030/12 07 41 82 deutschlandweit sicher nach Hause.
Die Idee stammt aus Stockholm und ist dort bei der Polizei angesiedelt. In Berlin haben die beiden Unternehmensberaterinnen Frances Berger und Anabell Schuchardt das Heimwegtelefon ins Leben gerufen.
„Wir haben uns lange gefragt, warum es so etwas in Deutschland nicht gibt“, erzählt Frances Berger. Früher habe sie nachts ihren Freund oder ihre Mutter angerufen. "Das hat mir ein sicheres Gefühl gegeben, auch wenn ich nie wirklich Angst hatte. Aber man kommt auf diese Weise aus der Opferrolle heraus.“ Anabell Schuchardt nutzte für solche Fälle lange eine „Fake-Anruf“-Funktion ihres Handys.
Anfangs nur zu zweit
Ende 2013 war es so weit: Sie schalteten das Heimwegtelefon frei. Anfangs mussten sie ganz allein die Anrufe entgegennehmen. Diese Phase gehört längst der Vergangenheit an. Inzwischen verfügt das Heimwegtelefon über fast 50 ehrenamtliche Helfer und seit Ende März stellt die Firma Sipgate eine Telefonanlage. Dennoch ist das Ehrenamtsprojekt weiter als gUG (gemeinnützige Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt) in Gründung auf Spenden angewiesen.
„Wir haben auch eine Psychologin dabei. Von ihr können wir sehr viel lernen“, erzählt Berger. Denn auch wenn sie manchmal mit der Telefonseelsorge verwechselt werden, muss klar sein, dass sie das genau nicht sind.
Doch wer sind eigentlich die Anrufer? Der männliche Anteil liegt wohl weniger überraschend bei rund zehn Prozen, das Durschnittsalter bei Mitte 20. Wer anruft, teilt zunächst Standort und Ziel mit – während des Gesprächs wird der aktuelle Standort immer wieder abgefragt und am Computer verfolgt.
Leitfaden für die Helfer
Für die Helfer gibt es einen Leitfaden, der auch Smalltalk-Themen beinhaltet. Anne Barten, sozusagen die gute Seele des Heimwegtelefons, gibt noch Tipps: „Man sollte zum Beispiel nicht sagen: ,Ach, da läufst Du ja durch eine dunkle Gegend' oder beim Friedhof fragen ,Ist jemand hinter Dir?'“. Wenn es doch mal brenzlig wird, schalten die Helfer auch die Polizei ein. „Das ist zum Glück erst einmal vorgekommen“, erinnert sich Anne Barten. Der Telefonist vom Heimwegtelefon hatte befürchtet, dass der Anrufer sich selbst etwas antun wollte.
Die meisten Telefonate sind dagegen angenehm. Vor einiger Zeit wollte eine Anruferin sogar ihren Helfer näher kennenlernen. Sie rief das Heimwegtelefon einfach noch einmal an. „Natürlich dürfen wir keine Kontaktdaten weitergeben“, sagt Frances Berger. Aber manchmal sind die Gespräche eben besonders nett. bist
Autor:Bianca Strasser aus Tegel |
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