Neue Arbeitsgemeinschaft will jungen Straftätern wirkungsvoller begegnen

Stadtrat Falko Liecke verfolgt in diesen Tagen den Prozess gegen einen Neuköllner Intensivtäter bei Gericht. | Foto: Schilp
  • Stadtrat Falko Liecke verfolgt in diesen Tagen den Prozess gegen einen Neuköllner Intensivtäter bei Gericht.
  • Foto: Schilp
  • hochgeladen von Susanne Schilp

Neukölln. Welche Strafen für jugendliche Täter sind sinnvoll und wirksam? Wie können weitere Vergehen und Verbrechen verhindert werden? Mit diesen Fragen will sich die neue „Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendkriminalität“ beschäftigen.

Jugendstadtrat Falko Liecke (CDU) kommt gerade vom Gericht. Dort verfolgt er den Prozess gegen einen 17-Jährigen, dem zwischen 15 und 19 Delikte zur Last gelegt werden. Er ist einer der etwa 35 jugendlichen „Intensivtäter“, die in Neukölln leben.

Der 17-Jährige hat gemeinsam mit etwas älteren Männern immer wieder gestohlen, Menschen verletzt und Läden aufgebrochen. Geklaut hat die Bande alles, was nicht niet- und nagelfest war: Handys, Geldschränke, Sofas, Betten, Werkzeug. Als Zwischenlager für die Beute dienten gestohlene Transporter. Die besorgten sich die Täter in aller Regel, indem sie sich in den Morgenstunden auf die Lauer legten, bis sie ein Lieferfahrzeug mit steckendem Schlüssel entdeckten. Mit anderen geklauten Autos spähten sie neue Ziele aus. „Das Markenzeichen der Bande war, mit Feuerlöscherschaum die Spuren an den Tatorten zu verwischen“, so Liecke. Offensichtlich ist das nicht immer gelungen: Die erwachsenen Täter sitzen in Untersuchungshaft, der Jugendliche ist in einer geschlossenen Einrichtung im Berliner Umland untergebracht.

Jetzt haben die Richter das Wort. Aber was ist eine wirksame Strafe? Einen „Warnschuss-Arrest“ von 14 Tagen hat der 17-Jährige bereits hinter sich. „Aber er ist ein Mitläufertyp und lässt sich von seinen Brüdern immer wieder anstiften“, sagt Liecke. Er wünscht sich zwar, dass der Jugendliche erneut ins Gefängnis wandert, allerdings weiß er auch: Das Ansehen des Täters wird in seiner Familie durch einen Knastaufenthalt wahrscheinlich eher steigen.

Um mit solchen und anderen Fällen besser umgehen zu können, wurde die „Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendkriminalität“ gegründet; der erste von drei bezirklichen Mitarbeitern tritt in diesen Tagen seine neue Stellung an. In der AG sitzen nicht nur Vertreter des Neuköllner Bezirksamts, sondern auch Beschäftigte der Polizei, Staatsanwaltschaft, Schule, des Familien- und Jugendgerichts und – wenn nötig – der Ausländerbehörde. „Bisher haben wir uns untereinander nicht genügend abgestimmt, das soll sich ändern“, betont Liecke.

Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft wollen ihr Wissen, ihre Erfahrungen und Einschätzungen zusammentragen und austauschen. Gemeinsam soll für jeden einzelnen Jugendlichen eine richtige Vorgehensweise gefunden werden. Bei dem einen reicht es vielleicht, ihm unmissverständlich zu erklären, dass er bei einer weiteren Tat im Knast landet. Für den anderen kann es sinnvoll sein, ihn zu einem Schulabschluss und einem Ausbildungsbeginn zu verpflichten. Für wieder andere ist es am besten, sie aus ihrem Umfeld zu nehmen – und sie zum Beispiel in ein abgelegenes Dorf zu schicken. „Das kostet zwar viel Geld, kann aber auch viel bringen“, sagt der Stadtrat.

Klappen muss das nicht immer. Einige Fälle machen ratlos. Falko Liecke erinnert sich gut an Andrzej S., der schon als Zwölfjähriger jede Menge auf dem Kerbholz hatte. Er wurde nach Kirgisien gebracht, wo er knapp sechs Jahre lebte, ohne Straftaten zu begehen. Kaum volljährig geworden, machte er von seinem Recht Gebrauch, nach Neukölln zurückzukehren. Zwei Wochen später beging er einen Einbruch und schlug schließlich einem Mann – der glücklicherweise überlebte – mit einem Hammer den Schädel ein. Anfang 2015 wurde Andrzej S. der Prozess gemacht. Heute lebt er in einem psychiatrischen Gefängnis. sus

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

25 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Spezialitätenrestaurant "Yummy Kitchen" in der Zossener Straße ist imer einen Besuch wert.
6 Bilder

Yummy Kitchen
Köstlichkeiten aus der südindischen und sri-lankischen Küche

Seit 2021 existiert das Spezialitätenrestaurant "Yummy Kitchen" im angesagten Kreuzberger Kiez und lädt Liebhaber der südindischen und sri-lankischen Küche zum ausgiebigen Schlemmen und Genießen ein. So wundert es nicht, dass sich die Location, die über Innenplätze auf zwei Ebenen sowie einen gemütlichen Außenbereich verfügt, zu einem geschätzten Treffpunkt gemausert hat, der zahlreiche Berliner Stammgäste, aber auch Touristen aus dem In- und Ausland regelmäßig begrüßt. Verkehrsgünstig und...

  • Kreuzberg
  • 26.04.24
  • 78× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 211× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 196× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüftschmerzen beeinträchtigen Ihr Leben? Lassen Sie sich nicht länger quälen! | Foto: milangucic@gmail.com

Schonende OP-Methode
Patienteninfo: Wenn die Hüfte schmerzt

Hüftschmerzen beeinträchtigen Ihr Leben? Lassen Sie sich nicht länger quälen! Entdecken Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüftschmerzen auf unserem Infoabend. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, führt Sie durch die modernsten Methoden bei Hüftoperationen. Erfahren Sie, wie die schonende AMIS-Methode eine minimalinvasive Implantation von Hüftprothesen ermöglicht und die Fast-Track-Behandlung eine rasche...

  • Hermsdorf
  • 26.04.24
  • 48× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 263× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 618× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.