100 Objekte erzählen über Berlin im Kalten Krieg

Ausstellungsassistent Arno Helwig vor einem mit Teleobjektiv aufgenommenen Foto. Scheinbar rollen Panzer auf das im Dunst liegende Axel-Springer-Hochhaus zu. | Foto: Ulrike Martin
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Dahlem. Ein Stein als toter Briefkasten, ein Stück Stacheldraht aus der Exklave Steinstücken, das Wrackteil eines abgeschossenen US-Jagdbombers: Im Alliierten-Museum sind kleine und große, unscheinbare und beeindruckende Exponate ausgestellt. Genau „100 Objekte“ gehören zu der neuen Sonderausstellung, die „Berlin im Kalten Krieg“ thematisiert.

Aufgeteilt ist die Schau in fünf Leitbegriffe. Sie beschreiben die Bedeutung und Rolle Berlins als Symbol, Front, Bühne, Schaufenster und Erinnerungsort des Kalten Krieges. Neben der politischen Dimension des Ost-West-Konfliktes rückt auch der Alltag in der geteilten Stadt in den Fokus. Die ausgewählten Objekte und ihre Geschichten zeigen die Zusammenarbeit und die Konfrontation der vier Siegermächte. Sie illustrieren das inszenierte politische Selbstverständnis West-und Ost-Berlins als „Vorpfosten der Freiheit“ beziehungsweise als „Hauptstadt der DDR“.

Dass es damals auch Zeitgenossen gab, die der Situation etwas abgewinnen konnten, zeigt ein mit roten Stempeln übersäter Brief. Der Philatelist Dedo Burhop hat ihn 1969 nach Leningrad geschickt, versehen mit einer Briefmarke, auf der das Europa-Center abgebildet war. „Die Marke wurde im Auslandspostamt in Moskau zum Stein des Anstoßes“, erklärte Kuratorin Jula Kugler beim Rundgang durch die Ausstellung. Nach Ansicht der Sowjetunion stand es West-Berlin als „selbständiger politischer Einheit“ nicht zu, den europäischen Gedanken zu befürworten und zu verbreiten.

Der Brief kam mit einem Retour-Stempel zurück. „Der Absender hat das bewusst gemacht, für seine Sammlung“, sagte Kugler.

Eine andere Provokation war ein Foto von 1972. Klaus Kuhnigk gelang es per Tele, eine Panzerparade so aufzunehmen, dass sie auf das an der Sektorengrenze liegende Axel-Springer-Hochhaus zuzufahren schien. In der linken Ecke des Bildes steht die fingierte Widmung „In Freundschaft für Axel Springer – W. Ulbricht“. „Springer nahm es mit Humor, das Foto hing in seinen Privaträumen“, berichtete Ausstellungsassistent Arno Helwig.

In den 1980er Jahren war die Attrappe eines Soldaten das Standardschießziel auf Übungsplätzen der US-Armee. Ein solcher „Iwan“ steht vor einem SPD-Plakat, vom Januar 1989, das zwei Kinder zeigt, die sich über die Mauer hinweg unterhalten, Überschrift „Berlin ist Freiheit“. Bedrückend ist ein weißes Kreuz mit den Todesdaten von Maueropfern. Aus dem Jahr des Mauerbaus stammt die Armbinde des Sanitäters Daniel E. Southard. Er war im Einsatz, als sich am 27. Oktober 1961 amerikanische und sowjetische Panzer am Checkpoint Charlie gegenüberstanden. Southard war bewusst, wie leicht die Situation hätte eskalieren können, er hielt seine Einsatzdaten auf der Innenseite der Binde handschriftlich fest.

Die Exponate stammen größtenteils aus dem Bestand des Alliierten-Museums, andere sind Leihgaben. „Aber alle Objekte sind Originale“, sagt Museumsleiter Bernd von Kostka. uma

„100 Objekte. Berlin im Kalten Krieg“ im Alliierten-Museum, Clayallee 135, läuft bis zum 28. Januar 2018. Öffnungszeiten: täglich außer Mo 10-18 Uhr, Eintritt frei. Mehr Infos auf www.alliiertenmuseum.de.
Autor:

Ulrike Martin aus Neukölln

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