Pacelliallee wird Gedenkallee
Stele für Richard Semmel enthüllt

Vor der Pacelliallee 19-21 erinnert jetzt diese Informationsstelle an das Schicksal des jüdischen Unternehmers Richard Semmel.  | Foto:  K. Rabe
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  • Vor der Pacelliallee 19-21 erinnert jetzt diese Informationsstelle an das Schicksal des jüdischen Unternehmers Richard Semmel.
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Mehr als ein Jahr dauerte der Streit um die Umbenennung der Pacelliallee. Inzwischen wurde ein Kompromiss gefunden. Die Straße, die nach Eugenio Pacelli, dem früheren Papst Pius XII. benannt ist, wird in eine „Allee des Gedenkens“ umgestaltet. Die ersten Schritte dazu sind am 24. Februar erfolgt.

Eine Umbenennung wurde gefordert, weil Pacelli als Papst während des Nationalsozialismus kaum Protest gegen das NS-Regime formulierte. Stattdessen schwieg er zum Holocaust und zum Mord an den Sinti und Roma. Viele gehörten dem katholischen Glauben an. Zudem soll er allen Katholiken per Dekret mit Exkommunikation gedroht haben, die einer kommunistischen Partei beitraten oder auch nur kommunistische Zeitungen lasen. Er äußerte sich frauenfeindlich und antisemitisch.

Ende vergangenen Jahres fasste die Bezirkverordnetenversammlung (BVV) mehrheitlich den Beschluss, anstatt die Straße umzubenennen sie als Gedenkallee zu gestalten. Am 24. Februar wurden die ersten Schritte dazu umgesetzt. Vor der Pacelliallee 19-21, dem ehemaligen Haus des Unternehmers Richard Semmel, wurden eine Gedenkstele enthüllt und Stolpersteine für Semmel und seine Frau verlegt.

Verlust von Heimat und Eigentum

Richard Semmel (1875-1950) war ein erfolgreicher Unternehmer und Kunstmäzen. Seine Kunstsammlung genoss internationale Bekanntheit. Als Jude wurde er nach der Machtübernahme der Nazis 1933 massiv bedroht. Er musste aus Deutschland fliehen und verlor seine Heimat, sein Lebenswerk und sein Eigentum. Seine Villa an der Pacelliallee, die er sich 1925/1926 auf einem 10 000 Quadratmeter großen Grundstück bauen ließ, musste er genauso wie sein gesamtes Eigentum zu Schleuderpreisen abgeben. Die Villa kaufte der Fabrikant Wilhelm Kühne. Der Kaufpreis war so gering, dass nach Verrechnung der Kosten nicht eine Mark bei Semmel ankam.

Nach seiner Flucht durch verschiedene Länder kam Semmel 1940 schwer erkrankt und mittellos in New York an. Dort starb er 1950 völlig verarmt. Das Schicksal von Semmel ist exemplarisch für das Leid zahlloser deutscher Jüdinnen und Juden. Auf einer Stele und zwei Stolpersteinen vor der Villa wird nun an den Unternehmer und seine Familie erinnert. Während einer feierlichen Zeremonie vor Ort enthüllten die Erben von Richard Semmel und Vertreter der Familie Kühne gemeinsam die Stele. Anschließend wurden die Stolpersteine zum Andenken an Richard Semmel und seine Frau Cläre verlegt.

Weitere Stelen sollen an der Gedenkallee darüber informieren, dass in dieser Straße die Zahl der jüdischen Hauseigentümer, die ihren Besitz und oft auch ihr Leben durch die Naziverfolgung verloren, um einiges höher als der Berliner Durchschnitt liegt. Das zumindest wünscht sich die Ampel-Zählgemeinschaft in der BVV. Sie hat das Touro-College beauftragt, bis zum Sommer ein Konzept für die Pacelliallee als „Allee des Gedenkes“ zu erarbeiten. Das wird dann noch einmal der BVV vorgelegt. Mathia Specht-Habbel, Fraktionsvorsitzende der FDP-Fraktion, ist überzeugt, dass die Idee für die Gedenkallee weitergeführt werden wird. „Wir können nicht alles ausradieren. Wir müssen mit der Geschichte leben und uns damit auseinandersetzen“, betont Specht-Habbel.

Autor:

Karla Rabe aus Steglitz

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