Mähen verboten, Wildwuchs willkommen
Pilotprojekt an der Freien Universität: blühende Wiesen für Bienen und Vögel
An der Freien Universität (FU) Berlin ist eine neue Initiative gestartet worden. In einem Pilotprojekt entstehen an zehn Standorten auf dem Campus Wildwiesen.
„Wildwiesen sind ein wirksames Instrument, Insektenpopulationen zu fördern und so dem weltweiten Insektensterben entgegenzuwirken“, sagt Professor Jens Rolff vom Institut für Biologie und Mitbegründer der Initiative. Zudem seien diese Wiesen weniger pflegeintensiv, bräuchten keinen Dünger und müssten nicht bewässert werden.
Die wilden, blühenden Wiesen sollen Insekten und Vögeln einen Lebensraum bieten. In den vergangenen 30 Jahren ist die Biomasse allein an Fluginsekten selbst in Naturschutzgebieten um 70 bis 80 Prozent zurückgegangen, wie Doktorandin Sophie Lokatis vom Institut für Biologie erläutert.
Wie wichtig Insekten sein, liege auf der Hand. „Sie bestäuben 80 Prozent aller Blütenpflanzen, darüber hinaus zahlreiche Nutzpflanzen, beispielsweise Obstbäume und sogar einige Ackerkulturen.“ Im Naturhaushalt hätten Insekten außerdem zentrale Aufgaben als Zersetzer, die neue Nährstoffe erzeugen und in den Lebenskreislauf zurückführen. „Nimmt die Zahl der Insekten ab, setzt eine Reaktion ein, die die Nahrungskette vieler Lebewesen so entscheidend verändern, dass die Stabilität globaler Ökosysteme zu kippen droht“, erläutert Lokatis.
Lebensraum für Insekten schwindet
Der schwindende Lebensraum für Insekten ist eine der Hauptursachen für die Populationseinbrüche. Mit der Initiative „Blühender Campus“ soll sozusagen vor der eigenen Haustür etwas dagegen getan werden. „Die Landwirtschaft verdrängt immer mehr Pflanzenarten, deshalb werden städtische Siedlungen immer wichtiger“, sagt Lokatis. „Die Wiesenflächen der FU auf dem Campus Dahlem haben dafür ein großes Potenzial“, ergänzt Andreas Wanke, Leiter der Stabstelle für Nachhaltigkeit und Energie.
Bisher sind die meisten Grünflächen auf dem Campus ordentlich getrimmte Rasen. Das soll sich an den zehn ausgewählten Standorten ändern. Dort wird nur noch gemäht, wenn es unumgänglich ist, etwa nach der Hauptblüte zwischen Juli und August.
Die Versuchsareale haben eine Fläche von je 100 bis 400 Quadratmetern. Sie sind über den gesamten Campus verteilt, liegen unter anderem an der Philologischen Bibliothek an der Thielallee, am Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft am Faradayweg und am Institut für Pflanzenphysiologie an der Gustav-Meyer-Straße.
Die Umwandlung von Rasenflächen in lebendige Wildblumenwiesen brauche Zeit, da sind sich die Initiatoren der Aktion „Blühender Campus“ einig. Das Abtragen der Grasnarbe und eine neue Aussaat sind notwendig. Ohne diese Umgestaltung sei die Zuwanderung wiesentypischer Blumen vom Samenflug in der Umgebung abhängig.
Dass die wilden Wiesen nicht nur den Insekten nutzen, sondern auch dem Auge etwas bieten, zeigt sich vor dem Institut für Japanologie in der Hittorfstraße 18 und in der Thielallee 63. Zwischen Rechtswissenschaft und Biochemie gedeihen Margeriten, Lichtnelken, Glockenblumen, Klatschmohn, Vogelwicke, Schafgarbe, Wiesensalbei und Wilde Möhre.
Autor:Ulrike Martin aus Neukölln |
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