Gatower Bürgerinitiative wird 40
Arbeitskreis Gatow feiert seine Erfolge im Naturschutz

Andreas Kalesse und Horst Kühn (rechts) in der Baumschule des AK Gatow, wo alte Obstbaumsorten veredelt werden.   | Foto: Ulrike Kiefert
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Er ist eine der ältesten, rein ehrenamtlichen Bürgerinitiativen in Berlin: Der Arbeitskreis Gatow. Jetzt ist er 40 Jahre alt geworden.

„40 Jahre und (k)ein bisschen weise...“, zugegeben, im Schlager von Curd Jürgens heißt es 60 Jahre. Aber die „Alten“ im AK Gatow (Arbeitskreis Gatow) wollen so lange nicht warten. Schließlich ist auch die 40 eine runde Zahl, die gefeiert werden will.

40 Jahre, so lange ist es schon her, dass engagierte Spandauer nach einer Bürgerversammlung in Gatow spontan entschieden: „Wir gründen einen Arbeitskreis“. Das war auf den Tag genau am 19. Juli 1978. „AK Rieselfelder“ hieß der damals noch. Sein ehrgeiziges Ziel: Erhalt der Jahrhunderte alten ländlich geprägten Kulturlandschaft rund um Gatow. Denn die drohte damals unter dem gigantischen Bebauungsdruck in West-Berlin zerstört zu werden. Einfamilienhäuser, Parkplätze, Einkaufszentren, Straßen und Regattastrecken am Ufer der Unter-Havel hätten über kurz oder lang das Aus bedeutet. Dem AK Gatow ist es zu verdanken, dass die Rieselfelder heute Landschaftsschutzgebiet sind.

Keine Satzung, keine Monatsbeiträge

Doch was macht die Gruppe eigentlich so erfolgreich, und was hält sie über so viele Jahre zusammen? Fachwissen natürlich. Politisches Fingerspitzengefühl, gepaart mit „behördlichem“ Spürsinn, um am Ball zu bleiben. Und der Wille, Naturschutzarbeit mit Lokalinteresse zu verbinden. „Vor allem aber verbindet uns wohl die Liebe zu unserem Kiez, mit seinen unterschiedlichen Menschen, Bauten und vor allem mit der Natur“, sagen die „Alten“ Uta Gerwien und Andreas Kalesse. Und noch etwas ist beachtlich. Der AK Gatow ist kein Verein, sondern eine rein ehrenamtliche Bürgerinitiative. Ohne Satzung, ohne Monatsbeiträge, ohne gewählten Vorstand, ohne Schatzmeister und Kassenprüfer, ohne Logo oder Hymne, ohne Eintrag ins Vereinsregister, ohne Siegel der Gemeinnützigkeit und steuertaugliche Spendenquittungen. Dafür aber mit viel richtiger und steter Arbeit – und immer uneigennützig, sachorientiert und parteiunabhängig.

Genau darum war und ist der AK Gatow so erfolgreich. Einige Beispiele seien hier erwähnt: Die Spandauer verhindern in den 1980er Jahren zwei große Bauvorhaben mit 200 Einfamilienhäusern südlich von Straße 264 und Buchwaldzeile, den Bau eines Parkplatzes für 300 Autos auf dem Gelände Havelmathen sowie Aufforstungen in der Gatower Feldflur und auf den Rieselfeldern. Außerdem müssen die Berliner Entwässerungswerke aufgrund einer Klage im Auftrag des AK Gatow eine illegal errichtete Deponie für Klärschlamm auf den Rieselfeldern wieder abreißen. 1989 erhalten die Spandauer den damals erstmals vergebenen europäischen Umweltpreis in der Kategorie Naturschutz vom damaligen Bundesumweltminister Klaus Töpfer. Der Arbeitskreis initiiert das Reitwegenetz in Gatow, sorgt dafür, dass das ehemalige Campinggelände Havelmathen renaturiert und für die Öffentlichkeit geöffnet wird. Er unterbindet den heimlichen Verkauf der Rieselfelder an einen Großgastronom und beteiligt sich am Nutzungskonzept für die Rieselfelder.

Das Havelland in Berlin bewahrt

Kurzum, seinem Engagement zollen viele Gatower höchsten Respekt. „Der AK Gatow war eine Schule der Demokratie für mich, eine Bürgerinitiative reinsten Wassers. Bis heute ohne Vereinsstatus, ohne Fördermittel, ohne Hauptamtliche. Unfassbar in unserer Zeit“, sagt Olaf Lezinsky vom Verlagsservice Lezinsky beim Spandauer Volksblatt und seit 1980 selbst im AK Gatow aktiv. „Dass große Teile der Gatower Feldflur heute nicht mit Regattastrecken, Wohnhäusern oder Gewerbe bebaut sind, dürfte im Wesentlichen der Verdienst dieser Gruppe sein.“ Denn als nach dem Mauerfall Begehrlichkeiten und Landschaftsfraß drohten, da war der AK Gatow fix zur Stelle, um den Aktiven zu helfen, erinnert sich Olaf Lezinsky. Mit Petitionen, Mailkampagnen und Leserbriefen. „Und wenn ich heute mit Töchterchen gelegentlich auf einen Pferdehof in Gatow gehe und ihr das schöne Havelland in Berlin zeigen kann, dann ist das die tollste Rendite nach 40 Jahren.“

Und was hat die Bürgerinitiative heute noch zu tun? Eine ganze Menge. Denn einige aus der Gruppe wohnen im Dorf Gatow und gehen dort mit offenen Augen und Ohren spazieren. Ihr Auftrag: Pläne von Behörden oder Investoren kritisch beäugen, die geplante Bebauung am Weiten Blick zum Beispiel. Oder Straßenbäume retten, die womöglich dem Rad- oder Autoverkehr geopfert werden. Dann nämlich könnte wieder ein Stück Altes, Typisches verschwinden.

Seinen Geburtstag feierte der AK Gatow am 31. August mit Freunden, Nachbarn, Mitstreitern und Politikern. Andreas Kalesse sprach über die Landschaftsentwicklung in und um Gatow.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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