Zum Nachdenken war keine Zeit
Steffen Ehlers rettete im Februar zwei 11 und 13 Jahre alte Mädchen aus der vereisten Havel

Steffen Ehlers am Ort seiner Rettungstat. | Foto:  Thomas Frey
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Fotografiert werden wolle er nur im Halbprofil, machte Steffen Ehlers zur Bedingung. Und er möchte auch nicht, dass aus seiner Geschichte eine Heldensaga gemacht wird.

Steffen Ehlers hat am 19. Februar dieses Jahres zwei elf und 13 Jahre alte Schwestern aus der Oberhavel gezogen. Die Mädchen waren auf dem teilweise noch vereisten Fluss eingebrochen. Für seine mutige Tag wurde er von Innensenator Andreas Geisel (SPD) mit der Rettungsmedaille des Landes Berlin ausgezeichnet. Sie wird ihm am 24. September im Spandauer Rathaus verliehen. Durch sein uneigennütziges, beherztes und besonnenes Eingreifen habe er zwei junge Menschenleben gerettet und damit ein besonderes Maß an Mut und Opferbereitschaft bewiesen, erklärte die Senatsinnenverwaltung.

Steffen Ehlers kommt mit seiner Ehefrau zum damaligen Ort des Geschehens an der Havel, wenige Meter entfernt vom Ende des Rustwegs. Die beiden waren am 19. Februar dort spazieren gegangen. Plötzlich hätten sie aus Richtung Wasser Stimmen gehört. Zwar keine Schreie, aber doch ein Ausdruck der Verzweiflung. Schnell entdeckten sie die Mädchen. Auch von der gegenüber liegenden Flussseite, die hier sehr nahe ist, hätten Menschen auf die Jugendlichen aufmerksam gemacht.

Steffen Ehlers überlegt nicht lange, sondern handelt. Damals sei sein Verhalten instinktiv gewesen, erzählt er. Er geht ins Wasser, beziehungsweise robbt sich über das Eis an die beiden heran. Es gelingt ihm, die Mädchen herauszuziehen und zunächst auf die Eisfläche zu bringen. Dabei bricht er auch selbst ein. Der Retter schafft es aber mit den Geretteten ans Ufer. Die ganze Aktion habe ungefähr drei Minuten gedauert, erinnert sich Steffen Ehlers.

Unterdessen waren Rettungskräfte und die Polizei eingetroffen. Anwohner am Flussufer wären ebenfalls zur Unterstützung herbeigeeilt, hätten zum Beispiel Decken gebracht. Die beiden Geretteten trugen außer einer Unterkühlung keine Verletzungen davon, standen aber unter Schock. Ein Mädchen habe geklagt, dass sie ihr Handy im Wasser verloren habe. Sie müsse zurück und es holen.

Dass der Wasserspaziergang der Schwestern mit fahrlässigem Leichtsinn noch ziemlich milde ausgedrückt ist, muss eigentlich nicht extra erwähnt werden. An diesem Tag sei es außerdem sehr warm gewesen, erinnert sich Steffen Ehlers Frau. "T-Shirt Wetter". Unter solchen Bedingungen die Tragfähigkeit der Schollen zu testen, wäre erst recht keine gute Idee.

Steffen Ehlers zog sich bei seiner Rettungstat neben ebenfalls einer Unterkühlung Schürfwurden und Rippenbrüche zugezogen. Drei Wochen war er danach krankgeschrieben. Er arbeitet in einem Pflegeheim und hat eine Schwimmausbildung. Zu seinem Handeln habe es keine Alternative gegeben, sagt Ehlers. Später sei ihm der Gedanke gekommen, er hätte vielleicht auch in einem nahe gelegenen Bootshaus einen Rettungsring organisieren und ins Wasser werfen können. Ihn dann aber schnell wieder verworfen, denn dafür wäre viel zu viel Zeit vergangen.

Am Ende läuft es darauf hinaus, dass manche Menschen in solchen Notlagen sofort wissen, was sie tun müssen. Es aber auch andere gibt, die so eine Situation überfordert. Beiden Einschätzungen widerspricht Steffen Ehlers nicht.

Es sollte keine Heldengeschichte werden. Aber sein "vorbildliches Verhalten verdient Respekt und Anerkennung", formulierte die Senatsinnenverwaltung ebenfalls.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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