Kein Bock auf Hilfe?
Fünf Träger kümmern sich um Obdachlose im Hansaviertel und Tiergarten
Dramatische Ereignisse wie der Mord im Tiergarten im Herbst 2017 und zuletzt die heftig kritisierten Umstände der Räumung eines illegalen Zeltlagers im Ulap-Park haben eine Diskussion über den Umgang mit Obdachlosen an sich und deren Chancen auf Rückführung in staatliche Hilfssysteme entfacht. Im Brennpunkt steht nach wie vor auch die Treberszene am Hansaplatz und im Tiergarten.
Jüngst kam es in der Frage zu einem Dissens zwischen der Fraktion von Bündnis90/Die Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Mitte und dem Bezirksamt. „Fünf Träger kümmern sich um die Obdachlosen“, hält Taylan Kurt, Sprecher seiner Fraktion für Soziales, Wirtschaft und Ordnungsamtsangelegenheiten, fest. „Das Bezirksamt Mitte sagt, die Obdachlosen nähmen die Hilfsangebote nicht an“, so Kurt.
Was stimmt nun? Wer hat recht? Die Antwort des Bezirksamts auf eine schriftliche Anfrage Taylan Kurts zeichnet folgendes Bild. Demnach sind vom Land Berlin fünf Träger am Hansaplatz und im Tiergarten aktiv: Gangway – mit dem umfassendsten Auftrag –, die Caritas, Fixpunkt, Hilfe für Jungs und Subway. Sie haben unterschiedliche Zielgruppen, von Drogenabhängigen bis zu Obdachlosen. Was ganz gut zu funktionieren scheint, wenn die Streetworker ihre Klientel aufsuchen, ist die Erst- und Kurzberatung. Sie verhilft den Betroffenen zu einer gewissen Tagesstruktur und einer Versorgung mit dem Lebensnotwendigsten, die zum Beispiel vom „Warmen Otto“ in der Wittstocker Straße 7 gewährleistet wird.
Was nach Erkenntnis des Bezirksamtes aber nicht funktioniert, ist die Annahme von Angeboten, die in die regulären Hilfssysteme führen. Sozialstadtrat Ephraim Gothe (SPD) sagt über die Obdachlosen: „Notwendige Einsichten in die eigene Situation und eigene Mitwirkungspflichten werden hier nicht akzeptiert.“ Doch genau diese seien Voraussetzung für den Zugang ins Leistungssystem.
Wie das Bezirksamt weiter mitteilt, halten sich am Hansaplatz und im Großen Tiergarten im Durchschnitt drei bis zehn Obdachlose auf. Sie leben seit mindestens drei Monaten auf der Straße. Die 20 bis 50 Jahre alten Männer und Frauen stammen aus Polen, Slowenien und Deutschland und kennen sich untereinander.
Der Präventionsrat Mitte hat zuletzt ein „Strategiekonzept'“ erarbeitet. Im Zentrum steht die Sicherheit im Kleinen Tiergarten und im Ottopark. Die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure soll verbessert werden, konkret mithilfe einer „Praxisrunde“, einer Runde aus Vertretern von Bezirksamt, Polizei, BVG sowie Sozialarbeitern und anderen Akteuren. Sie lehnt sich an die „Praktikerrunde“ am Leopoldplatz an. Das Konzept des Präventionsrates soll demnächst vom Bezirksamt beschlossen werden.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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