"Die Hungerplan-Konferenz" zu Gast im Karlshorster Museum

Die Historiker bei den Proben im Kapitulationssaal des Karlshorster "Museums. | Foto: Wrobel
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Karlshorst. Wie der Vernichtungskrieg Deutschlands gegen die Sowjetunion im Jahr 1941 geplant wurde, das zeigt jetzt ein Dokumentar-Theater-Projekt: mit der Aufführung von "Die Hungerplan-Konferenz" im Deutsch-Russischen Museum Karlshorst.

"Für mich ist es schwer, diese Worte laut auszusprechen. Es ist so eine brutale Sprache", sagt Olaf Löschke. Löschke ist Historiker und mit dem Vokabular und den in Dokumenten und Briefen niedergeschriebenen Worten der Nationalsozialisten eigentlich gut vertraut. Doch nun schlüpft er in einem Dokumentar-Theaterprojekt in die Rolle eines Kriegsverbrechers. Wenn er dessen Worte vor Publikum ausspricht, wird ihm deren Unmenschlichkeit erst so richtig bewusst.

Olaf Löschke spielt in der szenischen Lesung "Die Hungerplan-Konferenz. Die Neuordnung Europas und der Vernichtungskrieg 2. Mai 1941/2014" den Wilhelm Keitel, Chef des Oberkommandos der Wehrmacht. Keitel unterzeichnete in der Nacht zum 9. Mai 1945 in Karlshorst die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht. Heute befindet sich am Ort der Kapitulation das Deutsch-Russische Museum, das die Pläne und die Folgen des Krieges gegen die Sowjetunion in einer Ausstellung zeigt.

Dieser Ort wird am 10. und 11. Mai zur Theaterbühne, wenn Olaf Löschke gemeinsam mit sieben weiteren Historikern und drei Zeitzeugen anhand von Quellen und Erinnerungen ein historisches Treffen rekonstruiert.

Hochrangige Nazi-Staatssekretäre und Wehrmachtsoffiziere beschlossen am 2. Mai 1941, Millionen von Menschen in der Sowjetunion gezielt verhungern zu lassen. "Die Wehrmacht sollte auf Kosten der sowjetischen Zivilbevölkerung ernährt werden", erläutert Regisseur Christian Tietz. "Es ist zwar nicht belegt, wer an diesem Treffen teilgenommen, noch wo genau es stattgefunden hat." Eine erhaltene Aktennotiz belege jedoch das Treffen selbst, spätere Befehle hätten sich zudem auf die dort formulierten Richtlinien bezogen.

In der szenischen Lesung tragen die Historiker aus erhaltenen Dokumenten und Briefen vor. Jeder schlüpft in die Rolle einer für den "Hungerplan" entscheidenden Person, in dem er deren historisch verbürgte Worte künstlerisch montiert und kommentiert. "Es gibt keine Kostüme, es gibt keine Requisiten", sagt der Regisseur. "Der Zuschauer soll Ideologie und Gedankengut erkennen - und die Folgen verstehen. Diese kaltblütige Rechnung war ein geplanter Massenmord."

Das Dokumentar-Theater-Projekt des Vereins Historikerlabor versteht sich auch als Forschungsprojekt. "Geschichte ist immer auch die Interpretation von Zusammenhängen", so Tietze. Das Theaterprojekt der Historiker mache Geschichte erlebbar, indem die künstlerische Auseinandersetzung an einen historisch bedeutsamen Ort verlegt werde.

Am 10. Mai um 19 Uhr und am 11. Mai um 11 Uhr finden die letzten beiden Aufführungen des Projekts "Die Hungerplan-Konferenz" im Deutsch-Russischen Museum Karlshorst in der Zwieseler Straße 4 statt. Der Eintritt kostet 15 Euro, ermäßigt 9 Euro.

Weitere Informationen gibt es unter 50 15 08 40.
Karolina Wrobel / KW
Autor:

Karolina Wrobel aus Lichtenberg

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