Auf den Spuren der Marga von Etzdorf
Die Fliegerin und ihr mysteriöser Tod

Die Marga-von-Etzdorf-Straße in der Landstadt Gatow. | Foto: Foto: Thomas Frey
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Die Straßennamen in der Landstadt Gatow heißen nach Pionieren der Fliegerei. Das Terrain war einst ein Teil des Flughafens Gatow. Die meisten Straßen sind nach Männern benannt. Umso mehr fallen die wenigen Frauennamen auf, vor allem der von Marga von Etzdorf.

Marga von Etzdorf war nur wenige Jahre Pilotin. Sie erreichte während dieser Zeit einigen Ruhm, stürzte aber auch ab. Nach ihrer letzten Bruchlandung begang sie Selbstmord. Im Alter von 25 Jahren. Ein so kurzes Leben hatte niemand der anderen Straßennamengeber und keiner von ihnen ist wie Marga von Etzdorf in Spandau geboren. Ihr bevorzugter Start- und Landeplatz war der Flugplatz Staaken.

Das klingt nach einem Roman, den auch der Schriftsteller Uwe Timm ("Rennschwein Rudi Rüssel") auch 2008 veröffentlichte. Er heißt "Halbschatten". Der Titel dieser über weite Strecken fiktiven Erzählung lässt Zweideutiges, Mysteriöses anklingen und das findet sich in ihrer Biografie.

Marga von Etzdorf verliert im Alter von vier Jahren ihre Eltern bei einem Unfall und wächst auf dem Gut der Großeltern in der Niederlausitz auf. Sehr früh begeistert sie sich für die Fliegerei und besteht bereits Ende 1927 ihre Pilotenprüfung. Als erst zweite Frau, die nach dem ersten Weltkrieg eine Fluglizenz erhielt. Die Ausbildung wurde bei der Flugschule Bornemann in Staaken absolviert. Danach wurde sie als erste Frau Copilotin bei der Lufthansa, erwarb die Berechtigung für Verkehrsflüge und 1929, ebenfalls als eine der ersten Frauen, für Segelflieger.

Im folgenden Jahr kaufte Marga von Etzdorf mit Hilfe ihrer Großeltern ihr erstes eigenes Flugzeug. Eine Junkers "Junior", die sie knallgelb lackierte und "Kiek in die Welt" taufte. Nach kurzer Zeit als Reklame-, Passagier- und Kunstfliegerin startete sie noch 1930 zu Langstreckenflügen. Zunächst flog sie nach Istanbul, danach über Madrid und Marokko bis zu den Kanarischen Inseln. Bereits diese Reisen erregten Aufmerksamkeit. Sie waren gleichzeitig von Notlandungen und Pannen begleitet.

Das gilt auch für ihre Pioniertat, dem ersten Alleinflug einer Frau von Europa nach Japan. Er begann am 18. August 1931 in Berlin. Zwölf Tage später erreichte sie Tokio. Das Vorhaben war geglückt.

Die Rückreise wurde dagegen zur Odyssee. Zunächst sitzt Marga von Etzdorf wegen politischer Wirren in China fest. Beim Start in Bangkok fällt der Motor aus, die Maschine stürzt aus 80 Metern ab, die Pilotin verletzt sich schwer an der Wirbelsäule. Das Flugzeug erleidet einen Totalschaden.

Rekordflug und tiefer Fall, beides verband sich spätestens danach mit Marga von Etzdorf. Während sie selbst bereits die nächste Langstreckenroute plante.

Diesmal nach Australien. Dafür brauchte es ein neues Flugzeug und weitere finanzielle Unterstützung. Die Maschine bekam sie von der Firma Klemm aus Böblingen. Ein Teil der Geldspenden scheinen wiederum mit undurchsichtigen Geschäften verbunden gewesen zu sein, was wahrscheinlich entscheidend zu ihrem Selbstmord beigetragen hat.

Zu ihrem letzten Langstreckenflug brach sie am 27. Mai 1933 in Staaken auf. Einen Tag später erreicht Marga von Etzdorf den von der französischen Mandatsverwaltung betriebenen Flugplatz in der Nähe von Aleppo in Syrien. Bei der Landung gibt es erneut einen Schaden am Flugzeug. Er wäre aber wohl reparabel gewesen. Marga von Etzdorf bat um einen Raum, um sich eine halbe Stunde ausruhen zu können. Als sie dort allein war, tötete sie sich mit einer Maschinenpistole.

Marga von Etzdorf habe sich umgebracht, weil sie ahnte, dass ihre Fliegerkariere nach einem erneuten Maschinenschaden wahrscheinlich zu Ende gewesen wäre, lautete die gängigste Erklärung. Möglicherweise spielte das eine Rolle, aber wahrscheinlich nicht die einzige. Denn es gibt noch eine weitere Geschichte. Die Maschinenpistole, mit der Marga von Etzdorf ihrem Leben ein Ende setzte, war nicht die einzige Waffe, die sie an Bord hatte. Vieles deutete im Nachhinein darauf hin, dass zu ihren Sponsoren Waffenfirmen gehörten. Die Pilotin sollte anscheinend neue Käufer für deren Produkte finden und dabei mitverdienen. Ein solcher Waffenhandel war Deutschland aber nach den damals gültigen Bestimmungen des Versailler Vertrags verboten. Nach ihrem Tod unterblieben weitere Untersuchungen. Lange Zeit wurde nichts von der heißen Ware bekannt, die Marga von Etzdorf auf ihrem letzten Flug mitgeführt hatte.

Die Nazis, seit wenigen Monaten an der Macht, inszenieren die Verstorbene als Fliegerheldin. Ihre Beisetzung auf dem Invalidenfriedhof in Mitte findet unter großem Geleit von SA und SS statt. War das im Sinne der Verstorbenen? Die Antwort bleibt hypothetisch.

Das Grab wurde 2003 restauriert. Auf dem Stein steht "Der Flug ist das Leben wert".

Die Marga-von-Etzdorf-Straße in der Landstadt Gatow. | Foto: Foto: Thomas Frey
Marga von Etzdorf auf dem Cover des Buchs "Halbschatten".  | Foto: Thomas Frey
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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