Kleines Paradies vor der Haustür
Werner Klinge ist ein Kenner der Marienfelder Feldmark

Werner Klinge, hier in seinem Garten, geht dreimal in der Woche in der Feldmark spazieren, um abzuschalten. | Foto: Philipp Hartmann
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„Die Feldmark ist eines der schönsten und interessantesten Naherholungsgebiete im städtischen Raum“, meint Werner Klinge (71). Bei jemandem, der seit 40 Jahren direkt nebenan wohnt, überrascht diese Aussage nicht. Wer sich mit ihm unterhält, bekommt jedoch genug Argumente geliefert, die sie untermauern.

Als Klinge 1979 mit seiner Frau ein Haus in der Blohmstraße bezog, hatte er zunächst andere Sorgen. Erst ein bis zwei Jahre danach fand er die Zeit, sich in der Feldmark genauer umzusehen. Dass im Entlastungsgraben damals Hunderte Amphibien ihren Lebensraum hatten, faszinierte ihn. Als der angesehene Professor Herbert Sukopp von der TU Berlin in den 80er-Jahren mit seinen Studenten Untersuchungen in dem Gebiet anstellte, fand Werner Klinge das hochinteressant. „Die haben hier damals zwei wilde Orchideenarten festgestellt, die sonst nur noch an zwei anderen Orten in Berlin wuchsen.“ Außerdem seien einige Tierarten ausfindig gemacht worden, die fast schon als ausgestorben galten, wie Klinge begeistert erklärt. Im Laufe der Jahrzehnte wurde der frühere Verwaltungswirt dann selbst immer mehr zum Experten und beschäftigte sich ausführlich mit der Geschichte des Gebiets.

So befasste er sich mit dem ehemaligen Sintersplittwerk, das Anfang der 60er hinter dem heutigen Blohmgarten errichtet wurde. „Aus Kriegsschutt sollten dort Backsteine gemacht werden. Nach sechs Monaten war das aber schon wieder vorbei“, erzählt er. „Dort gab es ein drei Meter tiefes, u-förmiges Kühlbecken, in dem sich Frösche und Molche angesiedelt haben.“ Die Industrieruine diente außerdem als Nistplatz für zwei Falkenpaare. Eine andere Anekdote hat Werner Klinge über eine Baumschule parat. Um ihre Bäume zu bewässern, seien die Mitarbeiter Anfang der 80er-Jahre auf die Idee gekommen, das Wasser aus dem Entlastunggraben abzupumpen. Irgendwann sei dieser fast komplett ausgetrocknet. Die Bebauungspläne des Senats, die Untersuchungsergebnisse Sukopps und dieser Vorfall hätten letztlich zur Gründung der Bürgerinitiative „Rettet die Feldmark“ geführt, blickt er zurück. Für die Tier- und Pflanzenwelt sei es auch ganz wichtig gewesen, dass sich 1986 viele Anwohner Gartenteiche angelegt hätten.

Klinges Interesse für die Natur entwickelte sich bereits in der Kindheit. Schuld war sein Vater, der ihn sonntags oft zu Ausflügen mitnahm, unter anderem in die Sumpfgebiete in Hakenfelde. Außerdem erkundete er damals auch die heutige Bauhaus-Fläche am Nahmitzer Damm. „Da bin ich als Steppke mit dem Rad hingefahren und habe Frösche gefangen. Die habe ich dann mit einer Ringelnatter und einer Kreuzotter in einem Terrarium auf dem Balkon gehalten“, erinnert er sich.

Als sich Werner Klinge selbst noch in der Bürgerinitiative engagierte, lud er bereits zu Führungen durch die Feldmark ein. Heute bietet er diese im Auftrag der Naturwacht, die auch sämtliche Teilnahmegebühren erhält, an. Dabei gewährt er nicht nur Einblicke in eines der letzten natürlichen Biotope im Süden Berlins, sondern unternimmt auch einen Abstecher zur ehemaligen DDR-Grenze. Dafür würden sich vor allem Besucher aus anderen Bundesländern interessieren. „Manche Teilnehmer kommen immer wieder und bringen die ganze Familie mit.“ Seit etwa zwei Jahren spürt Werner Klinge, dass auch bei Jugendlichen das Interesse für die Umwelt deutlich zunimmt. Durch die politischen Diskussionen seien sie stärker sensibilisiert.

Werner Klinge, hier in seinem Garten, geht dreimal in der Woche in der Feldmark spazieren, um abzuschalten. | Foto: Philipp Hartmann
Dass sich in den 80er-Jahren viele Anwohner einen Gartenteich angelegt haben, bewertet Werner Klinge als enorm wichtig für die Tierwelt. In seinem eigenen fühlen sich unter anderem die Frösche sichtlich wohl. | Foto: Philipp Hartmann
Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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