Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Nazilied im Unterricht
Der Vorfall, so die Zeitung Neues Deutschland, hatte bereits Mitte März in einer 11. Klasse stattgefunden. Im Musikunterricht hätten Schüler das Horst-Wessel-Lied gesungen und wären dazu marschiert. Wenige Tage später soll der stellvertretende Schulleiter von einem Außenstehenden informiert worden sein, den Schüler dazu angesprochen hatten. "Von sich aus hatten Schüler den Vorfall nicht an die Schulleitung herangetragen. Nach Bekanntwerden hat der Leiter des Gymnasiums die betreffende Musiklehrerin zu einer Stellungnahme aufgefordert", berichtet Beate Stoffers, Sprecherin der Senatsverwaltung für Bildung, auf Nachfrage. Der Schulleiter habe die Schulaufsicht informiert. Nach Stoffers Aussage hat die Lehrerin angegeben, dass die Schüler das verbotene Lied nur summen und keineswegs singen sollten. Und marschiert seien sie auch nicht.
Erste Untersuchungen der Schulaufsicht haben ergeben, dass das Horst-Wessel-Lied im Zusammenhang mit dem Kälbermarsch von Bertolt Brecht in der betroffenen Klasse Unterrichtsstoff war. Brecht hatte den Marsch 1933 als Parodie auf die Nazihymne geschrieben. "Inzwischen haben die Fachbereichsleiter der Schule ihre Stellungnahmen abgegeben und festgestellt, dass keine Anhaltspunkte für ein Disziplinarverfahren bestehen", sagt Beate Stoffers.
Ob das die Staatsanwaltschaft ähnlich sieht, bleibt abzuwarten. Ermittelt wird wegen "Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen". Allerdings lässt der entsprechende Paragraf die Nutzung dieser Kennzeichen, und dazu gehört auch das Horst-Wessel-Lied, für staatsbürgerliche Aufklärung, Kunst und Wissenschaft sowie Lehre durchaus zu.
Horst Wessel, ein Sturmführer der SA, hatte das Lied 1929 veröffentlicht. Später wurde es Hymne der Nazipartei und ab 1933 neben der ersten Strophe des Deutschlandlieds Teil der NS-Nationalhymne. Es ist bis heute in Deutschland und Österreich verboten.
Autor:Ralf Drescher aus Lichtenberg |
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