Die Prinz-Friedrich-Leopold-Straße: Ein Enfant terrible ist der Namenspate
Ziemlich genau 900 Meter ist sie lang, die Prinz-Friedrich-Leopold-Straße. Sie beginnt am Hohenzollernplatz gegenüber dem S-Bahnhof Nikolassee und endet an einer Mauer, der Lärmschutzwand des Autobahnzubringers an der Libellenstraße. Früher führte die mit Linden bestandene Straße direkt bis zum Nikolassee. Wer heute ans Wasser will, muss durch einen Fußgängertunnel.
Die Prinz-Friedrich-Leopold-Straße wurde zwischen 1901 und 1904 von der Heimstätten AG angelegt, im Pharus-Stadtplan von 1905 ist sie bereits namentlich eingezeichnet. Die Bebauung entstand größtenteils vor 1914. Es gibt zahlreiche Villen und Landhäuser, in Bahnhofsnähe auch Häuser mit Ladengeschäften im Erdgeschoss. Die Heimstätten AG pries die Straße in Prospekten als "Hauptstraße Nikolassees" und als "breiteste, mit einem Gartenstreifen geschmückte Allee".
Wer aus dem S-Bahnhof kommt, sieht sich gleich dem Hohenzollernplatz gegenüber, geschmückt mit zwei Frauenfiguren. Links, vor dem ehemaligen Rathaus Nikolassee und dem heutigen Sitz des Polizeiabschnitts 43, steht „Die Bogenspannerin“, rechts „Die Badende“ oder „Phryne“, was im Griechischen „Kröte“ heißt und auf den grünlichen Schimmer der Figur hinweisen soll. Die Skulpturen sind Nachgüsse von Bronzeoriginalen, die der Bildhauer Ferdinand Lepcke um 1900 schuf.
Die Prinz-Friedrich-Leopold-Straße ist heute vor allem eins: sehr ruhig. Gleich am Anfang, an der Bushaltestelle, ist auf einer roten Informationsstele die Entstehungsgeschichte der Kolonien Nikolassee und Schlachtensee nachzulesen. Es gibt ein paar Geschäfte am Nordende der Prinz-Friedrich-Leopold-Straße, eine Apotheke, eine Tanzschule, eine Orthopädie-Praxis, einen Goldschmied, ein Bistro und zwei Restaurants. In der Taverna Skala hängen noch ein paar Wochen lang farbenprächtige Bilder von Gisela Sprau. Der Wirt bietet seinen künstlerisch tätigen Gästen die Möglichkeit, ihre Werke auszustellen.
Weiter südlich überwiegt der Eindruck einer Straße mit viel Grün und prachtvollen Wohnhäusern auf großen Grundstücken. Die Nummern 18, 21 und 25 stehen unter Denkmalschutz. Neubauten gibt es kaum.
Einer der engagiertesten Anwohner der Prinz-Leopold-Straße war Henning Schröder, der im vergangenen November verstorben ist. Schröder lebte über 60 Jahre in der Straße. Der gelernte Verlagsbuchhändler hatte ein großes Interesse an der Ortsgeschichte, recherchierte und forschte, brachte Bücher über Nikolassee und Schlachtensee heraus. Einen Band über Zehlendorf konnte er nicht mehr beenden. Er gründete zudem die Bürgerintiative „Wir in Nikolassee“, die sich für die Erhaltung des Ortsbildes einsetzte.
Der Namensgeber der Straße, Friedrich Leopold (Joachim Karl Wilhelm Friedrich Leopold), Prinz von Preußen (1865-1931), war ein Schwager von Kaiser Wilhelm II. Entsprechend der Familientradition schlug er die militärische Laufbahn ein. 1875 wurde er Leutnant, 1907 Generalinspektor der Armee. Seine militärischen Funktionen übte er ab 1902 allerdings nur noch formal aus. 1889 heiratete er Luise, Prinzessin von Schleswig-Holstein-Sonderburg, die Schwester der deutschen Kaiserin.
Der Prinz fiel in der Öffentlichkeit auf, galt als Enfant terrible. Er leistete sich ungeheure Ausgaben und kostspielige Gerichtsprozesse, was zu Streit innerhalb der Herrscherfamilie führte. Kaiser Wilhelm II. leitete 1904 eine geheime Untersuchung des Privatlebens des Prinzen und seiner Ehefrau ein. Als Folge wurde das Paar weitgehend vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen.
Den Ersten Weltkrieg verbrachte der Prinz auf seinem Anwesen in Klein-Glienicke, gegenüber dem Landschaftspark Glienicke in Wannsee gelegen. Den Ausbruch der Novemberrevolution sah Friedrich Leopold als das Ende der Monarchie und damit auch das Ende seiner Bevormundung durch den Kaiser. Am 10. November leistete er sich die Provokation, auf seinem Anwesen eine rote Fahne zu hissen.
Zu den Verdiensten Friedrich Leopolds ist sein Einsatz für die Besiedlung der Villenkolonie Nikolassee zu zählen. Zu seinen Besitztümern gehörte unter anderem der Forst Düppel und bis 1900 das Kuhfenn, auch Franzosenwiese genannt – die heutige Rehwiese. Neben der Prinz-Friedrich-Leopold-Straße erinnert noch der Prinz-Leopold-Kanal, der den Griebnitzssee mit dem Stölpchensee verbindet, an den Prinzen.
Autor:Ulrike Martin aus Neukölln |
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