Missbrauchsverdacht in Kita
Gegen 32-jährigen Erzieher der AWO liegen fünf Anzeigen von Eltern vor

In der Kita "Feldhäuschen" am Brunsbütteler Damm soll ein Erzieher mehrere Kinder sexuell missbraucht haben. Fünf Strafanzeigen von Eltern sind bisher eingegangen.

Die Kita wurde zunächst geschlossen. Es gibt eine Notbetreuung durch pädagogisches Personal anderer Tagesstätten des Trägers, der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Spandau. Geplant sei, die Einrichtung ab 20. September wieder zu öffnen.

Als die Eltern am 6. September zum ersten Mal über die mutmaßlichen Missbrauchsfälle informiert wurden, erhoben Väter und Mütter schwere Vorwürde gegen den Träger. Der AWO wurde eine zu späte Benachrichtigung vorgeworfen und der Kitaleitung, dass sie Hinweise auf den Mann nicht ernst genommen habe. Die erste Anzeige war am 25. August eingegangen. Davon habe man erst ungefähr eine Woche später erfahren, erklärte die AWO.

Gespräche mit Experten und Polizei

Inzwischen hat es weitere Versammlungen gegeben – auch mit der Polizei sowie Expertinnen und Experten zum Thema sexualisierte Gewalt. Dabei wurde auf psychologische Hilfsangebote hingewiesen und Fragen, wie auf die Kinder eingegangen werden soll, beantwortet. Gerade letzteres sei auch im Hinblick auf gerichtsfeste Aussagen ein sehr sensibler Bereich, sagte AWO-Vorsitzende Thomas Scheunemann.

Bei dem Erzieher handelt es sich um einen 32 Jahre alten Mitarbeiter einer Zeitarbeitsfirma, der von Mitte Juni bis Ende August im "Feldhäuschen" eingesetzt war. Er habe nach Angaben des Trägers ein aktuelles, erweitertes polizeiliches Führungszeugnis ohne Einträge vorweisen können. Allerdings wird auf diesem Zeugnis nur vermerkt, wenn jemand etwa wegen eines sexuellen Missbrauchs verurteilt wurde.

Tätigkeit in einer zweiten Spandauer Kita

Vor seiner Tätigkeit im "Feldhäuschen" arbeitete der 32-Jährige von Mitte April bis Mitte Juni in der AWO-Kita "Wundertüte" an der Neuendorfer Straße. Es gebe in der Wundertüte aber keine Erkenntnisse von Verdachtsfällen, erklärte Scheunemann. Auch hier hat am 13. September ein Gespräch mit Elternvertretern, Fachkräften und der Polizei stattgefunden. Die Kita war ebenfalls bis zunächst 17. September geschlossen.

Die beiden Kitas seien zunächst geschlossen worden, um das Personal auch mit psychologischer Hilfe wieder zu stabilisieren und vor weiteren Angriffen zu schützen, erklärte der AWO-Vorsitzende Thomas Scheunemann.

Schutzkonzept soll überarbeitet werden

Dass nun Konsequenzen zu ziehen seien, liege auf der Hand. "Das Schutzkonzept werden wir überarbeiten und die Regeln für den Einsatz von Zeitarbeitskräften konkretisieren", hieß es in einer Stellungnahme der Arbeiterwohlfahrt. Das gilt wahrscheinlich nicht nur für diesen Träger. Auch bei anderen Missbrauchsfällen in der Vergangenheit war es oft so, dass Taten erst unbemerkt blieben und danach unerklärlich schienen. Eine Kita könne durch äußere Merkmale relativ schnell feststellen, ob ein Kind häuslicher Gewalt ausgesetzt sei, meinte Thomas Scheunemann. Bei sexueller Gewalt wäre das jedoch wesentlich schwieriger. Anscheinend selbst dann, wenn sie mutmaßlich in den eigenen Räumen stattfindet. Die Erfahrungen der vergangenen Wochen müssen deshalb noch mehr sensibilisieren und auch anderswo registriert werden.

Erzieher von Eltern beschimpft

Die Beschäftigten seien über die mutmaßlichen Vorfälle genauso schockiert und hätten darüber hinaus in den verganegnen Tagen teilweise sehr belastende Verbalattacken über sich ergehen lassen müssen. Natürlich sei auch ihm klar, dass bei mutmaßlichen Verbrechen, die an Kindern begangen werden, kein rationales Verhalten, erst recht nicht von vielleicht betroffenen Eltern, verlangt werden kann. Zumal es auch einige Fragen gibt. Etwa der Vorwurf, Warnhinweise seien von der Kita ignoriert worden.

Wurden Warnhinweise nicht ernst genommen?

Die hätten sich in der Kategorie "Der kommt mir komisch vor" bewegt und seien häufig auch erst im Nachhinein erhoben worden, sagt Scheunemann. Nicht jeder Mensch sei jedem anderen sympathisch. Das allein genüge aber noch nicht, um in ihm einen möglichen Straftäter zu sehen.

Aber wie konnte es überhaupt zu den vorgeworfenen Taten kommen? Ist da niemandem etwas aufgefallen? Zumal für eine Kitagruppe in der Regel mehr als eine Person verantwortlich ist und es gleichzeitig sehr selten vorkommt, dass sich nur ein Erzieher mit einem Kind beschäftigt. Dieses Bild sei zwar richtig, aber es gäbe immer auch Ausnahmen im Tagesverlauf, entgegnet der AWO-Chef. Er habe inzwischen gelernt, dass Pädophile bei ihren Taten sehr systematisch und strukturiert vorgehen – gerade weil sie darauf aus seien, bei anderen keinen Verdacht zu erregen.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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