Was vom Rittergut übrig blieb: Die Straße Am Gutshof ist jung – und doch alt

Wenig ist übrig geblieben vom alten Rittergut. Der preußische Staatsminister Otto von Voß ließ die denkmalgeschützten Bauten Am Gutshof 1 errichten. | Foto: Berit Müller
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Sie ist nur 520 Meter lang, bildet in der Mitte eine Schleife und trägt einen jungen Namen, der an alte Zeiten erinnert: Die Straße Am Gutshof in Wartenberg wurde erst 2003 benannt, das Rittergut gab es zu diesem Zeitpunkt schon 120 Jahre nicht mehr.

Einfamilienhäuser mit ausladenden Gärten, daneben Stadtvillen ohne viel Platz drumherum, Bauernhöfe, Reste des Ritterguts, Plattenbauten – wenn es ums architektonische Ortsbild geht, könnte Wartenberg kaum bunter gemischt sein. Das gilt besonders für den alten Kern zwischen Dorf- und Neubrandenburger Straße.

Entstanden ist Wartenberg um das Jahr 1230 herum, wahrscheinlich waren es Siedler aus der Altmark, die den Ort gründeten – nicht nur dort gibt es diverse Dörfer dieses Namens. Und Markgraf Albrecht der Bär hatte bereits Mitte des 12. Jahrhunderts begonnen, neue Siedler aus entfernten Regionen nach Brandenburg zu holen. Der Name „Bernhardus de Wardenberge“ tauchte erstmals am 2. Oktober 1270 in einer brandenburgischen Urkunde auf.

Bis 1448 war das Dorf im Besitz mehrerer Familien, dann beanspruchte Kurfürst Friedrich II. das Land für sich und verteilte es an Vasallen. Eine Zeitlang gehörte Wartenberg der Adelsfamilie Röbel, die auch die Dörfer Hohenschönhausen und Buch besaß. 1451 wurde das Dorf in zwei Rittergüter aufgeteilt. Im Jahr 1783 erwarb der preußische Staatsminister Otto von Voß Dorf und Gut, legte die Rittergüter wieder zusammen und ließ neue Gebäude errichten - ein Herrenhaus samt Wirtschaftsgebäuden.

Nach seinem Tod 1823 erbten die Söhne das Gut. Von 1845 bis zur Jahrhundertwende wurde das Dorf ausgebaut, bäuerliche Wohn- und Landarbeiterhäuser mit den Hofanlagen und Stallgebäuden entstanden, einige stehen heute unter Denkmalschutz.

Bereits 1882 kaufte die Stadt Berlin das Gut Wartenberg, um dort und in der Gegend Rieselfelder anzulegen. Mit dem Groß-Berlin-Gesetz von 1920 folgte die Eingemeindung, Wartenberg wurde ein Ortsteil des damaligen 18. Verwaltungsbezirks Weißensee. Seit dieser Zeit prägt der Gemüseanbau die Region. Ab 1928 entstand nordöstlich des alten Dorfes die Siedlung „Neu-Wartenberg“, der man 1948 den Zusatz Neu wegstrich.

Die Straße Am Gutshof war einst der Erschließungsweg für das Gut, sie hieß nach dessen Auflösung 1882 zunächst Gut Wartenberg, ab 1939 dann – passender – Ehemaliges Gut Wartenberg. Das Gelände und die damals vorhandenen Gebäude mit der heutigen Adresse Am Gutshof wurden im 20. Jahrhundert auf ganz unterschiedliche Weise genutzt.

In den 1930er-Jahren gab es dort eine Schule für Landmaschinentechniker, etwa ab 1935 produzierte die Deulakraft GmbH in den Gebäuden Landmaschinen. Am Rand der Dorfstraße, aber noch auf dem Gutshofgelände stand auch ein Chausseehaus, das später abgerissen wurde. Zwischen den 1950er- und den 1980er-Jahren unterhielt die Humboldt Universität Berlin dort eine Außenstelle. Nach 1990 saß eine Filiale der Fachhochschule für Wirtschaft und Technik in den Gebäuden. Ab 2002 entstand auf der Fläche eine Neubausiedlung, im Zuge der Arbeiten bekam die Straße Am Gutshof 2003 ihren Namen.

In den denkmalgeschützten Häusern Am Gutshof 1, 1A und 1B sitzt heute eine Wohnungsgesellschaft. Das alte Landarbeiterwohnhaus Am Gutshof 11 wurde abgerissen und neu gebaut.

Autor:

Berit Müller aus Lichtenberg

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