Drei Etagen obendrauf gesetzt
Im Modellprojekt entstanden 22 Wohnungen in Holzbauweise
Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) bezeichnet das Projekt bereits als Exportschlager Berlins. Und Bundesbauministerin Klara Geywitz (ebenfalls SPD) spricht sich für eine Typengenehmigung für diese Art der Schaffung von neuem Wohnraum aus. Die beiden Politikerinnen sind sichtlich angetan vom „Modellprojekt Dachaufstockung“, das ihnen der Geschäftsführer der Howoge, Ulrich Schiller, präsentierte.
In einem Modellprojekt schließt die städtische Wohnungsbaugesellschaft dieser Tage ihre erste Dachaufstockung auf einem DDR-Plattenbau an der Franz-Schmidt-Straße 11 bis 17 ab. Auf diesen Wohnblock mit fünf Geschossen ließ die Howoge in den zurückliegenden zwei Jahren in überwiegender Holzbauweise drei Stockwerke mit insgesamt 22 neuen Wohnungen aufbauen. Und diese neuen Wohnungen sind erstaunlich gut nachgefragt, berichtet Ulrich Schiller. Entstanden sind Zwei-, Drei- und Vierzimmerwohnungen, von denen aus man einen Blick in die weitere Umgebung und bei schönem Wetter sogar bis ins Land Brandenburg hat.
Dass sich die Howoge des Modellprojektes Dachaufstockung annahm, hat mehrere Gründe. In Berlin wird das Bauland immer knapper, vor allem das landeseigene. Aber die Wohnungsbaugesellschaften sollen weiteren Wohnraum schaffen. Nicht überall ist es ihnen aber möglich, in ihren Wohnungsbeständen, zum Beispiel in Innenhöfen, zu verdichten. Schließlich sollen die Bestandsmieter weiterhin ein angenehmes Wohnumfeld behalten. Deshalb gab es vor etwa vier Jahren von der Berliner Landespolitik die Anregung, mehr in die Höhe zu bauen. So sollen vorhandene landeseigene Flächen noch effektiver genutzt werden.
In diesem Zusammenhang entstand die Idee zu prüfen, ob nicht vorhandene fünf- und sechsgeschossige Plattenbauten, die in den 1970er und 80er Jahren von den Wohnungsbaukombinaten der DDR gebaut wurden, aufzustocken sind. Diese Häuser tragen die Typenbezeichnung WBS 70, abgekürzt nach der Wohnungsbauserie, die in den 70 Jahren für den industriellen Wohnungsbau entwickelt wurde. Dieses Themas nahm sich die Howoge an. Sie testet nun an der Franz-Schmidt-Straße in Buch sowie auch an einem Wohnblock an der Seefelder Straße in Alt-Hohenschönhausen, ob und wie sich Dachaufstockungen umsetzen lassen.
Fahrstuhl eingebaut
Dass es vor allem im Ostteil der Stadt relativ viele Plattenbauten mit nur fünf und sechs Geschossen gibt, habe seinen Grund, berichtet Howoge-Geschäftsführer Ulrich Schiller. Bei Häusern über sechs Geschossen muss ein Fahrstuhl eingebaut werden. Aber in der DDR fehlten die Produktionskapazitäten, um ausreichend Aufzüge für den Wohnungsbau zu liefern. Damit bei jetzigen Dachaufstockungen die Mieter oberer Etagen ihre Wohnungen erreichen können, auch ohne Treppen steigen zu müssen, werden die betreffenden Häuser mit einem Aufzug nachgerüstet.
Um auf den Dächern weitere Etagen aufzustocken, müssen die statischen Voraussetzungen vorhanden sein. Zwar ist auch dann eine Fundamentverstärkung im Kellerbereich nötig, aber das geht eben nicht bei allen Plattenbauten. „Wir schätzen, dass es in unserem Wohnungsbestand ein Potential von bis zu 2000 Wohnungen gibt, die wir aufstocken könnten“, sagt Ulrich Schiller.
Weiteres Potential sei im Bestand der anderen städtischen Wohnungsbaugesellschaften sowie dem von Genossenschaften vorhanden, erklärt Franziska Giffey. Deshalb freut sie sich, dass die Howoge ihr Produkt „Dachaufstockung“ und die dabei gesammelten Erfahrungen mit anderen Wohnungsunternehmen teilen möchte. Bundesbauministerin Klara Geywitz schaut indes über den Berliner Tellerrand hinaus. Auch in vielen anderen Städten Ostdeutschlands gibt es solche Plattenbauten mit fünf und sechs Geschossen, die aufgestockt werden könnten. Damit nicht für jedes einzelne Gebäude eine Prüfung stattfinden muss, regt sie die Einführung einer Typengenehmigung für Aufstockungen auf diese WBS-70-Bauten an.
Bauzeit von einem Jahr geplant
Ulrich Schiller berichtet, dass es sich bei der Dachaufstockung in Buch um ein Modellprojekt im wahrsten Sinne handelte. „Nicht alles lief reifungslos. Wir lernten dabei aber vieles hinzu“, sagt er. „Unser Ziel ist es auf jeden Fall, viel schneller zu werden. Künftig möchten wir nach einem Jahr fertig sein, denn die Bauarbeiten sind natürlich eine Belastung für die Mieter, die im aufzustockenden Haus wohnen.“
Wie bei neu entstehenden Wohnungen städtischer Gesellschaften üblich, wird auch die Hälfte der aufgestockten Wohnungen zur sozial geförderten Einstiegsmiete ab 6,50 Euro vermietet. Außerdem wird ökologisch gebaut. Ragnar Ruhle, Geschäftsführer des Unternehmens B&O Bau- und Gebäudetechnik GmbH & Co. KG, berichtet, dass die Wände bei der Dachaufstockung überwiegend aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz bestehen. Sie werden von einem regionalen Unternehmen in Frankfurt/Oder vorgefertigt. Damit gibt es letztlich auch keine langen Transportwege.
Klara Geywitz und Franziska Giffey hoffen nach Besichtigung des fertiggestellten Modellprojektes „Dachaufstockung Made in Berlin“ auf viele Nachahmer in anderen Bundesländern.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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