Westerwaldplatz braucht Vielfalt statt Tristesse: Stadtplanerin im Interview
Sie haben den gemeinnützigen "STADTGESCHICHTEN e.V." vor zwei Jahren mitbegründet. Wer sind die Macher dahinter?
Esther Blodau-Konick: Wir sind ein siebenköpfiges Team aus Künstlern, Architekten und Landschaftsarchitekten, Urbanisten, Kulturwissenschaftlern und Theaterpädagogen. Ich selbst bin studierte Stadtsoziologin und Stadtplanerin. Gemeinsam hinterfragen und erproben wir in Projekten, wie mit künstlerisch-experimentellen Methoden erfolgreich echte Partizipation erzeugt und begleitet werden kann.
Ihr aktuelles Projekt nennt sich "Westerwald-Nehmt Platz!". Ist das im wortwörtlichen Sinne zu verstehen?
Esther Blodau-Konick: Das kann man so verstehen, ja. Der Westerwaldplatz ist ein öffentlicher Platz, der jedoch als gemeinsamer Aufenthaltsort im Kiez noch wenig genutzt wird. Das wollen wir ändern. Anwohner sollen ihn gemeinschaftlich nutzen und so beleben. Dafür entwickeln wir gemeinsam mit Anwohnern Nutzungs- und Belebungsmöglichkeiten. Auch erste Aktionen wurden bereits realisiert. Wir haben gemeinsam auf dem Platz gekocht und gegessen, ein Hochbeet gebaut und temporäre Zebrastreifen auf die Straße gemalt.
Wieso braucht der Westerwaldplatz eine solche Belebung?
Esther Blodau-Konick: Ich halte es für wichtig, dass Menschen ihren Lebensraum aktiv mitgestalten. Öffentliche Räume aufzubrechen und zu beleben, sodass sie Orte für Austausch und Kommunikation werden - das ist eine Form von Demokratie. Dazu ist auch kein großer Aufwand nötig. Ein paar Tische und Bänke reichen, um einen Platz zu beleben, dort kommen die Menschen zusammen, dort entstehen Gespräche. Was den Westerwaldplatz betrifft, so hatte das Quartiersmanagement dieses Projekt ausgeschrieben und jemanden gesucht, der über zweieinhalb Jahre, also bis 2017, den Platz belebt und ein Netzwerk zwischen Anwohnern und Trägern aufbaut. Wir haben uns beworben und den Zuschlag erhalten. Für Materialien, Workshops etc. haben wir einen Etat von 49.000 Euro.
Wie haben Sie begonnen?
Esther Blodau-Konick: Zunächst haben wir die Anwohner, Vereine und Institutionen wie die Kirche und das Klubhaus befragt. Dabei kam heraus, dass der Westerwaldplatz als eher trister, unbelebter Platz gesehen wird. Im Februar dieses Jahres gab es dann einen ersten Workshop, in dem die Wünsche und Machbarkeiten diskutiert wurden. Vorschläge für die Belebung des Platzes gibt es viele: Mehr Grün, bessere Beleuchtung, ein Springbrunnen, Skateboardbahn oder Boulefläche. Nicht alle Wünsche sind realisierbar, aber wir können mit vielen Ideen arbeiten.
Setzt der Verein diese Wünsche auch praktisch um?
Esther Blodau-Konick: Streng genommen sind wir keine Wunscherfüller. Aber wir helfen Menschen dabei, ihre Ideen zu realisieren, indem wir die nötige Infrastruktur bereitstellen und Menschen herausfordern, über ihren Lebensraum und ihre Gemeinschaft nachzudenken. Bei unseren, durchaus auch provokant gemeinten Aktionen treffen ganz unterschiedliche Anwohner aufeinander. Vorurteile werden abgebaut und das Verständnis füreinander gefördert. Das ist wichtig, denn langfristig sollen die Bewohner selbst aktiv sein. Ein Nachbar will jetzt beispielsweise regelmäßig ein Bouletreffen auf dem Platz organisieren - jeden Mittwoch um 15.30 Uhr. Wir besorgen die Kugeln dafür, und es gibt die Idee einer Ausleihstelle für Boulekugeln.
Fällt Ihnen spontan ein wünschenswertes Vorbild für den Westerwaldplatz ein?
Esther Blodau-Konick: Gemeinsam genutzte öffentliche Plätze bringen die Bürger zusammen und das Bedürfnis, sich öffentliche Räume auf diese Weise zu erobern, ist groß bei den Berlinern. Gelungene Beispiele sind hier das Tempelhofer Feld oder der Mauerpark im Prenzlauer Berg.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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