Umweltfreundliches Quartier der Howoge an der Sewanstraße
CO2-neutrale Zwillingsbauten und bezahlbare Mieten

Umweltfreundlichen Solarstrom vom eigenen Dach können die Mieter der Sewanstraße 20-22 beziehen. | Foto: Berit Müller
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Im Kampf gegen den Klimawandel muss das Thema Nachhaltigkeit in allen Lebensbereichen eine immer größere Rolle spielen, auch beim Bauen. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Howoge macht vor, wie es geht. Sie hat jetzt an der Sewanstraße ein CO2-neutrales Quartier errichtet.

Das Nachverdichtungsprojekt hatte im Friedrichsfelder Kiez erst einmal keine Begeisterung ausgelöst. Die zwei neuen Achtgeschosser stünden ganz schön eng an den Bestandsbauten, hieß es da. Wenn es ums umweltfreundliche Bauen geht, dürfte die Howoge aber deutlich mehr Wohlwollen ernten. Das Unternehmen hat an der Sewanstraße 20–22 ein ganzheitliches Klimakonzept verwirklicht, das mit optimierter Fassadendämmung, dezentralen Trinkwasserstationen, Wohnraumbelüftung und Solarstrom vom Dach punktet.

„Nachhaltiges Bauen spielt in der aktuellen Debatte um bezahlbares Wohnen leider nur eine untergeordnete Rolle“, sagt Howoge-Geschäftsführer Ulrich Schiller. „Das halte ich für ein großes Versäumnis. Wir bauen jetzt die Wohnungen, in denen unsere Kinder und Enkelkinder leben werden. Vor diesem Hintergrund zeigen wir als landeseigenes Unternehmen, dass sich nachhaltiges und sozialverpflichtetes Bauen nicht ausschließen dürfen.“

Vorgaben für 2050 schon heute erreicht

Auf dem rund 5400 Quadratmeter großen Grundstück in Friedrichsfelde hat die Howoge die Klimaschutzziele der Bundesregierung bereits heute übererfüllt. Jene sehen vor, bis 2050 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen. Als klimaneutral gilt ein Haus, wenn es nur so viel CO2 ausstößt, wie die Natur auch wieder abbauen kann. „Diese Größe ist für Gebäude mit sieben Kilogramm CO2 pro Quadratmeter und Jahr definiert“, erklärt Kay Gröne, Energiemanager der Howoge Wärme GmbH. „Hier in der Sewanstraße erreichen wir mit einem Wert von minus vier Kilogramm sogar eine negative CO2-Bilanz.“ Die Zwillingsbauten wurden als KfW-40-Plus-Häuser realisiert – einem aktuell vorbildlichen Standard für Energieeffizienz. KfW steht für die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die solche Projekte fördert. Gleichzeitig bieten die Achtgeschosser sozialen Wohnraum. Die Howoge vermietet die Hälfte der 99 Einheiten zu geförderten Einstiegsmieten ab 6,50 Euro pro Quadratmeter, die übrigen bleiben im Schnitt unter zehn Euro.

Wer nachhaltig bauen will, muss nicht nur die Fassaden optimal dämmen, sondern auch innovative Energietechnik in den Gebäuden einsetzen. In der Sewanstraße sind das vor allem die dezentralen Trinkwasserstationen. Sie sparen viel CO2, weil das Wasser nicht unnötig erhitzt wird. „Herkömmliche Systeme erwärmen das Wasser zentral auf 60 Grad und verteilen es im Haus“, erläutert Burghard Fleischauer, der bei der Howoge für die technische Ausrüstung der Neubauten zuständig ist. „Das führt aufgrund der hohen Temperaturen und langen Wege zu enormen Wärmeverlusten. Unsere Stationen erwärmen das Wasser lediglich auf 45 Grad und auch erst dann, wenn der Hahn aufgedreht wird. So ergibt sich eine Energieersparnis von bis zu 30 Prozent.“ Die Gefahr von Legionellen besteht trotz der geringeren Temperatur nicht, weil das Wasser weder gelagert, noch durch das Haus transportiert wird.

Positiver Nebeneffekt: Das System benötigt weniger Rohrleitungen. Bei einem Projekt mit rund 600 Wohnungen könnten allein dadurch etwa 120 Quadratmeter zusätzliche Fläche entstehen, hat die Howoge errechnet. Raum, der sich fürs Wohnen, aber auch für das Abstellen von Kinderwagen, Rollatoren oder Fahrrädern nutzen lässt.

Wärme aus der Abluft

Neben der Trinkwasserstation verfügt jede Wohnung über eine Lüftungsanlage samt Wärmerückgewinnung. Das Prinzip funktioniert, indem die verbrauchte, warme Luft nach außen geleitet und gleichzeitig kalte Luft angesaugt wird. So bringt die Wärme der Abluft die frische Außenluft ganz ohne Heizung auf angenehme Temperaturen und einen Wärmerückgewinnungsgrad von bis zu 82 Prozent.

Die Solarstromanlage mit 402 Modulen auf dem Dach und der Batteriespeicher im Erdgeschoss komplettieren das nachhaltige Energiekonzept. Die Photovoltaikanlage hat eine Leistung von 145 kWpeak und wird von der Howoge Wärme betrieben, die den Strom als CO2-freien Mieterstrom vom eigenen Dach anbietet – zum Preis von rund drei Cent pro Kilowattstunde. Das liegt unter vergleichbaren Markttarifen und trägt zur günstigen Gesamtmiete bei. „Zunächst rechnen wir mit warmen Betriebskosten von 80 Cent, damit liegen wir schon jetzt zehn Cent unter dem Berliner Schnitt“, so Gröne. „Durch den Einsatz der KfW-Energieeffizienztechnologie in den Wohnungen rechnen wir aber noch mit weiteren Einsparungen für die Mieter.“

Bei denen scheint das Konzept anzukommen. Aktuell sind in den Zwillingshäusern nur noch ein paar Wohnungen frei. Bis sich die umweltfreundliche Bauweise auf dem Markt etabliert hat, dürfte trotzdem noch einige Zeit ins Land ziehen. Das Bauen nach KfW-40-Plus-Standard ist vor allem eine finanzielle Herausforderung. „Das wird sich über kurz oder lang ändern“, sagt Viviane Bode, Projektleiterin für die Sewanstraße. „Noch ist nachhaltiges Bauen oft eine Frage der Wirtschaftlichkeit. Unser Ziel ist es aber, insbesondere die Planer an diese Technik heranzuführen und damit die Abnahme am Markt zu erhöhen. Nur so lassen sich die Bauprodukt- und Montagepreise senken, damit klimaneutrales Bauen wirklich zum Standard wird.“

Autor:

Berit Müller aus Lichtenberg

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