Weltuntergang – komisch und tragisch: Magma-Inszenierung erinnert an Jura Soyfer

Der Herrscher (Julian Hettihewa, links) will die Warnungen von Professor Guck (Thomas Wojczewski) nicht hören. | Foto: Jörg Sobeck
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Spandau. Mit viel Beifall hat das Premierenpublikum am 4. November die neue Inszenierung des Magma Theaters Spandau „guck oder der Weltuntergang“ von Jura Soyfer aufgenommen.

Die Diagnose der Sonne ist einfach: Die Erde ist krank, sie hat Menschenbefall, und sie muss deswegen beseitigt werden. Dass die Menschheit insgesamt ein Geschmeiß sei, ist immer mal wieder gelehrten und einfachen Menschen in den Sinn gekommen. Auch Jura Soyfer musste früh die Erfahrung machen, dass der ärgste Feind des Menschen der Mensch ist.

Soyfers jüdische Industriellenfamilie flüchtete mit dem Achtjährigen 1920 vor der bolschewistischen Revolution aus dem russischen Charkow nach Österreich. Dort entwickelte sich der Heranwachsende schnell zum Kommunisten, der schon Ende der 1920er Jahre politische Kabarettstücke schrieb. 1936 wurde sein erstes Theaterstück „Der Weltuntergang“ aufgeführt. Drei Jahre später war er tot, gestorben an Typhus im Konzentrationslager Dachau. Zu dem Zeitpunkt waren seine Entlassungspapiere aus dem KZ schon unterzeichnet, seine in die USA emigrierte Familie hatte seine Ausreise eigentlich erfolgreich betrieben. In den USA kamen dann nur noch seine sterblichen Überreste an.

Unter der Regie von Jörg Sobeck hat das Magma Theater Spandau dem „Gleichnis mit Musik in elf Bildern“ noch klein geschrieben „guck“ vorangestellt. Das Wort ist einerseits der Name des Wissenschaftlers im Stück, der das Todesurteil der Sonne belauscht hat und die Menschen warnen will. Es ist aber auch schlicht die Aufforderung genau hinzusehen – sowohl auf die Bühne in Spandau, wie auch auf das Weltgeschehen.

Professor Guck setzt alles daran, zu warnen. Damit bringt er sich entweder in Gefahr, wie bei dem Diktator, dem des Wissenschaftlers Prognose zu wenig optimistisch ist, oder er wird schlicht zur Nervensäge, wenn er die Mühlen staatlicher Bürokratie beschleunigen will.

Hinsehen hat eben auch etwas Positives. Gucken lohnt sich fürs Magma-Publikum: Die Sternenkonferenz zur Auslöschung der Erde hat in der Magma-Inszenierung etwas von Kindergeburtstag mit witzig eingesetzter Theatertechnik. Diese naive optimistische Kreativität braucht es auch in einer realen Welt, die sich nach wie vor mit ihrem militärischen Potential hundertfach vernichten kann, Umweltgefahren ignoriert, Lebensmittel mit Börsenspekulation verteuert und immer wieder Rückfälle von demokratischen Staatsformen in diktatorische Dummheit erleben muss.

Vielleicht ist es einfach komisch, dass es trotzdem für die Erde bisher immer weitergegangen ist. Soyfers persönliche Geschichte hat tragisch geendet, aber, so viel sei verraten – die Magma-Schauspieler verlesen auf der Bühne auch gute Nachrichten.

„guck oder Der Weltuntergang“ wird wieder gespielt am 11., 25., und 26. November jeweils um 20 Uhr sowie am 13. und 27. November jeweils um 18 Uhr im Kulturhaus Spandau, Mauerstraße 6. Karten kosten zehn Euro, ermäßigt acht Euro. CS

Tickets unter  333 40 22 oder info@kulturhaus-spandau.de. Infos zu Jura Soyfer unter www.soyfer.at.
Autor:

Christian Schindler aus Reinickendorf

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